Bericht ueber die 3. Libertaeren Wochen in Koeln

Im Mai und Juni 2017 fand zum dritten Mal die Veranstaltungsreihe „Libertäre Wochen“ in Köln statt, zu denen das Anarchistische Forum als Veranstalter*in eingeladen hatte. Im Gegensatz zu den vorherigen Terminen war das Allgemeine Syndikat der FAU-IAA nicht mehr dabei, da es sich bereits Ende 2016 aufgelöst hat. Auch keine andere Gruppe, die angefragt wurde, sah sich in der Lage einen eigenen Beitrag zu leisten. Aber gemeinsam mit dem Autonomen Knastprojekt und dem Anarchosyndikalistischen Netzwerk (ASN Köln) konnte im Mai und Juni auf 13 Veranstaltungen eine bunte Themenvielfalt geboten werden.


Es ging los mit dem Ersten Mai, an dem wir einen Infostand auf dem DGB-Straßenfest am Heumarkt aufgebaut hatten, der auch von zahlreichen Leuten besucht und als Treffpunkt genutzt wurde. Nachdem die Bündnis-Demonstration unter Führung der reformistischen Gewerkschaften auf dem Heumarkt angekommen war, wurde es trotz Regen und nerviger Ansprachen der Funktionär*innen bis zum frühen Abend recht eng auf dem Platz. Gleichzeitig fand in Bonn eine anarchistische Demo statt (siehe auch folgenden Bericht des ASN) Der Vortrag „Arbeit macht krank? Gemeinsam gegen Stress und Diskriminierung“, der vom Anarchosyndikalistischen Netzwerk organisiert wurde, fand wie fast alle anderen Termine im Autonomen Zentrum statt und war mit einem Dutzend diskussionsfreudiger Teilnehmer*innen recht gut besucht.

Noch mehr Leute kamen aber zum jährlichen AZ-Geburtstagsfest, in dessen Rahmen wir den Film „Projekt A – Eine Reise zu anarchistischen Projekten“ in einem überfüllten Plenumsraum gezeigt hatten, so dass wir leider einige Interessierte nicht mehr hinein- lassen konnten. Im krassen Gegensatz dazu stand – bezeichnend für das inhaltiche Deinteresse an dem Thema – unser Vortrag „Anti-Knast-Arbeit und Transformative Hilfe“. Da nur eine Person gekommen war, entschlossen wir uns im Innenhof des AZ einen gemütlichen Workshop mit Diskussion zu improvisieren, was dann aber noch bis die Nacht hinein zu anregenden Gesprächen führte. Ähnlich verhielt es sich erstaunlicherweise im Fall der Diskussion „Welche Solidarität mit Kurdistan und Syrien?“, an der immerhin zwei Interessierte kamen und gemeinsam mit den Veranstalter*innen die aktuelle Lage rund um den Rojava-Aufstand zur Sprache brachten.

Weitere Filme, die wir vorgeführt haben, gingen über die Kollektivierungen in der Spanischen Revolution (1936-‘39), zur Geschichte der Anarchie und über Klimakämpfe im Hambacher Forst. Diese Veranstaltungen waren zwar unterschiedlich gut besucht, aber meistens gab es im Anschluss noch Diskussionsbedarf. So richtig „irre“ war dann die MadPride-Parade, eine inklusive Demonstration von Kulturschaffenden gemeinsam mit Selbsthilfeorganisationen von „Behinderten“ und psychisch „Kranken“. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann unseren kritischen Aufruf zur Teilnahme nachlesen.

Eine weitere Demonstration, der wir uns im Rahmen der Libertären Wochen angeschlossen haben, war der Protestzug der Stadtpolitischen Vernetzung zum Thema „Das Problem heißt Verdrängung“. Hunderte Teilnehmer*innen dieser Tanzparade gegen Gentrifizierung liefen vom Bauwagenplatz „Wem gehört die Welt“ in der Krefelder Straße mit nerviger Polizeieskorte durch die Innenstadt bis zum im Bestand bedrohten Autonomen Zentrum an der Luxemburger Straße.

Praktische Infos gab es bei unserer Veranstaltung „Refugee Infos“, auf der wir unser neues Faltblatt präsentiert haben und aus unterschiedlicher Betroffenheit über die aktuelle Situation von Geflüchteten in Europa und im Mittleren Osten diskutiert haben. Ein weiterer Beitrag kam vom Anarchosyndikalistischen Netzwerk mit dem Vortrag „Commons und Kommune – gemeinsam wirtschaften“, wo es um die Frage ging, wie die kollektive Produktion von Gemeingütern uns von der kapitalistischen Warenwirtschaft befreien helfen könnte. Und es wurde diskutiert, wie der Aufbau (bzw. Erhalt) von lokalen, aber überregional föderierten Gemeinschaften in Richtung freiheitlicher Kommunismus führen könnte. Den Abschluss der Libertären Wochen machte eine Veranstaltung mit aktuellen Infos zur Gefangenengewerkschaft GG/BO, die vom lokalen Solikreis erneut in kleiner Runde durchgeführt wurde.

Georgo Akratis (Anarchistisches Forum Köln)

Quelle: Gǎi Dào, Nr. 80, August 2017, S.4,

https://fda-ifa.org/gai-dao-nr-80-august-2017/

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