Lob des Bilderverbots

Nach Utpoia

Vortrag und Diskussion
Samstag 10. März
16:00
H5

Das Judentum stellt nicht nur eine besondere der vorderasiatischen Stammesreligionen dar, sondern durch die Entwicklung JHWHs zum abstrakten Eingott eine grundsätzliche Wende im Konzept des Göttlichen. Anstatt einfach das Ebenbild eines weltlichen Monarchen zu konstruieren, wurde Gott als wirkendes Prinzip von außerhalb der Welt gedacht. So wirkt Gott zwar im Diesseits, ist jedoch nicht an diesseitige Form gebunden. Das Göttliche insofern aus der Welt zu schaffen, ist somit Produkt der Religion selbst. Ihre angemessene kulturelle Form findet sie in jenem Bilderverbot, das sich auf das Jenseitige bezieht, einschließlich der Unbenennbarkeit Gottes. Judentum und Christentum, die einen aus dem Jenseitigen abgeleiteten Messianismus vertreten, hoffen damit jedoch auf die Versöhnung des Menschlichen mit dem Göttlichen.

Während in der christlichen Tradition das kommende Paradies auf Erden dennoch farbenprächtige Ausschmückungen erfuhr, hält sich der marxsche Kommunismus in Abgrenzung zum Utopismus zurück und präsentiert sich als Kapitalismuskritik. Bilderverbote im übertragenen Sinn haben hier keinen göttlichen Bezug, die kommunistische Gesellschaft als positives Ziel soll vollständig diesseitig sein. Im konsequenten Materialismus der RätekommunistInnen schließlich zählen nur die materiellen Bewegungen, der Klassenkampf, der gesetzmäßig den Kapitalismus überwindet. Entsprechend wird jenen, die mit der vorgefassten Utopie im Kopf Kämpfe lenken wollen, Misstrauen entgegengebracht. Das Misstrauen wurde nach dem Faschismus auf die Formulierung positiver Utopie selbst verlegt – die Utopie selbst sei deformiert durch bürgerliche Ideologie.

Was verbindet diese Formen von Bilderverboten, was ist der in ihnen versteckte Bezug von Diesseits und Jenseits? Und letztendlich: sind sie Hemmnis oder Moment des Fortschritts?

Zum Originalbeitrag