Deutsche Zustände aufmischen!

Seit Monaten dienen viele Städte in der BRD als Bühne für Rassist*innen. Beschützt von der Polizei und begünstigt durch die Politik konnte sich Pegida etablieren.
Unter anderem durch den Aufstieg der AfD fühlen viele Menschen sich beflügelt sich öffentlich rassistisch zu äußern. Was früher nur am Stammtisch zum Ausdruck gebracht wurde, wird mittlerweile ohne große Hemmschwelle in öffentlichen Netzwerken kundgetan oder sogar auf den Straßen ausgelebt. Es ist kein Zufall, dass die Brandstiftungen an Flüchtlingsunterkünften enorm zugenommen haben. Pegida und Co. sind eben kein Phänomen, wie von vielen Medien bezeichnet, welches sich schnell wieder erledigt hat. Der Rassismus, der hier zugrunde liegt, kommt aus der Mitte der Gesellschaft.
Da ist es nur konsequent, dass Nazis sich dabei als willige Vollstrecker des Volkswillens sehen und inszenieren. Dabei verschwimmt die Linie zwischen Nazis und „besorgten Bürger*innen“ zusehends.
Wieder ist es deutsch in Kaltland. Wieder zeigt die deutsche Gesellschaft ihren tief verwurzelten Rassismus. Wieder brennen Unterkünfte für Geflüchtete.

Geflüchtete sind eine Realität. Immer mehr Menschen machen sich auf den Weg in den globalen Norden auf der Flucht vor Bürgerkriegen und Armut, in der Hoffnung auf ein sicheres und besseres Leben. Bewusst hat der Staat diese Realität ignoriert. Eine Realität, die nur logisch erscheint, wenn man sich die riesigen Flüchtlingslager in der Türkei, im Libanon oder in Jordanien ansieht, in denen Geflüchtete unter unmenschlichen Bedingungen hausen müssen. Währenddessen streichelt Merkel bei einem inszenierten Bürgerdialog ein weinendes Mädchen, welches hier seit mehreren Jahren mit unsicherem Aufenthaltsstatus lebt.

Im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise, die jetzt im Herzen Europas angekommen ist, präsentiert sich der deutsche Staat nun neuerdings als vermeintlich moralische Instanz, quasi als moralischer Vorreiter Europas, der den vielen flüchtenden Menschen Zuflucht gewährt. Dieser plötzliche Sinneswandel ist aber differenzierter zu betrachten. Noch vor wenigen Wochen war es politische Linie die Festung Europa weiter auszubauen, sich und die EU weiter abzuschotten. Die vielen Ertrinkenden im Mittelmeer waren zu weit weg, als dass die BRD irgendeine Verantwortung erkennen ließ. Dank des Schengen Abkommens und der Dublin III Verordnung war Deutschland bislang kaum mit dem Elend der Geflüchteten konfrontiert. Wenn aber tote Flüchtlinge bereits in Österreich in Lastwägen entdeckt werden, die Krise also in der Mitte Europas angekommen ist, will man diese humanitäre Verantwortung erkannt haben.
Parallel dazu sitzen die geistigen Brandstifter*innen, welche die Stimmung für brennende Flüchtlingsunterkünfte miterzeugen, auch in Deutschland in den Parlamenten. Egal ob NPD, AfD, CDU/ CSU oder SPD. Sie befeuern diese rassistischen Zustande schon seit Jahren oder bekämpfen sie nicht, wie im Falle der SPD. Eine CSU, die mit dem nicht näher definierbaren Stichwort des „Asylmissbrauchs“ Stimmung macht und Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme bis zur letzten Patrone verhindern möchte, sowie ein Vizekanzler Gabriel, der Verständnis für die Ängste und Sorgen von Pegida zeigt, sorgen für einen rassistischen Nährboden in der Mitte der Gesellschaft. Wer jedoch glaubt diese Sorgen, Nöte und Ängste ernst nehmen zu müssen, wird entweder scheitern, weil er*sie sich bereits auf einen Diskurs eingelassen hat, in dem Argumente keine Wirkung entfalten, oder aber, schlimmer noch, wird mit den Rassist*innen gemeinsame Sache machen.
Zugleich zeigt dieses Wechselspiel zwischen Politik und Rassist*innen nur zu gut die rassistische Normalität in der deutschen Gesellschaft auf. Nicht umsonst vereinigen all diese Parteien ein enormes Wählerpotential hinter sich.
Die vom deutschen Staat an den Tag gelegte Doppelmoral zeigt sich auch hinsichtlich der steigenden Waffenexporte der BRD. Wer die Grundlage für Kriege weltweit liefert, braucht sich nicht über die steigenden Zahlen von Bürgerkriegsflüchtlingen wundern.
Doch nicht nur bei Waffenexporten ist Deutschland vorne mit dabei.
Genauso beteiligt sich die BRD an der schleichenden Zerstörung der Lebensgrundlage der Menschen in der sogenannten dritten Welt. Ob durch Umweltzerstörung, Überschwemmung der lokalen Märkte mit billigen Exportprodukten oder der Privatisierung von Trinkwasser. Viele sehen keine Perspektive mehr in ihrer „Heimat“ und nehmen den lebensgefährlichen Weg nach Europa in Kauf. Wer jetzt noch Geflüchtete in „Gute“ Bürgerkriegsflüchtlinge und „Böse“ Wirtschaftsflüchtlinge spaltet, stellt sich klar auf die Seite von Pegida und Co.

In einigen Großstädten der BRD werden momentan Geflüchtete, freundlich und solidarisch in Empfang genommen. Gleichzeitig werden aber Sonderabschiebelager für Geflüchtete vom Balkan eingerichtet und Grenzkontrollen wieder eingeführt.
Doch spätestens wenn schutzsuchende Menschen in Flüchtlingslagern in der deutschen Provinz angekommen sind, schlägt die sogenannte Willkommenskultur nicht selten in Hass und offene Gewalt um. „Besorgte Bürger*innen“ hetzen Hand in Hand mit organisierten Faschisten. Die einen werfen Steine, während die anderen jubelnd Beifall klatschen. Die pogromartige Stimmung aus den 90er Jahren, die von den Rassist*innen aus der bürgerlichen Mitte mitgetragen wird, scheint sich zu wiederholen. Ebenso wie in den 90er Jahren versagen auch die Sicherheitsorgane, explizit die Polizei, auf kompletter Linie. So gibt es kaum bis gar keine Ermittlungserfolge gegen die hunderten Brandstifter*innen an geplanten oder sogar bewohnten Flüchtlingsunterkünften. Das von der BRD propagierte Sicherheitsverständnis scheint für Geflüchtete anscheinend nicht zu gelten. Geschweige denn, dass die Behörden diese Taten als das bezeichnen würden, was sie sind. Ein Wiedererstarken des Rechtsterrorismus, der den Tod von Menschen billigend oder sogar gewollt in Kauf nimmt. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass es bei den Krawallen in Heidenau keine Verhaftungen gab.
Andererseits lässt sich der Staat keine Chance nehmen Antifaschist*innen mit Repression zu überziehen. Ganz im Sinne der Extremismus Theorie wird antifaschistisches Engagement unterbunden und mit rechten Gewalttaten gleichgesetzt. Diejenigen, die sich dem rassistischen Mob entgegenstellen, bekommen plötzlich die ganze Härte der Polizei zu spüren. Diese Härte müssen zurzeit auch viele Antifaschist*innen in Nürnberg, welche sich gegen Pegida zu Wehr setzten, am eigenen Leib erfahren. Doch gerade wenn der Staat es nicht schafft Geflüchtete effektiv zu schützen, ist antifaschistische Gegenwehr unabdingbar.

Der deutsche Staat braucht sich nicht als moralische Instanz in der „Flüchtlingskrise“ inszenieren, sondern ist vielmehr Teil der rassistischen Normalität, die flüchtenden Menschen das Leben europaweit zur Hölle macht. Rassismus zu bekämpfen heißt demnach auch gegen die deutschen Zustände und gegen Deutschland aufzumucken.

Für ein Leben ohne Deutschland! Für ein Leben ohne Grenzen!
Bevor die Grenzen fallen, müssen die Grenzen in den Köpfen fallen!
Rassismus entgegen treten – Refugees Welcome!

Dieser Text wurde als Flyer im Rahmen der Gegenproteste gegen Pegida, sowie während der Demonstration „Gegen Deutschland und seine Nazis – Wer aber vom Rassismus nicht reden will, sollte auch vom NSU schweigen“ verteilt und findet sich ebenfalls in der Rubrik Publikationen.

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