Anarchistischer Aufruf zum 1.Mai 2018 in Stuttgart

Vor über 100 Jahren streikten und demonstrierten die Menschen weltweit. Gegen den Widerstand von staatlicher Seite und der Klasse der Kapitalist*innen konnte die kämpferische internationale Arbeiterbewegung damals den 8-Stunden-Tag und im Laufe der Zeit viele weitere Verbesserungen im Arbeitsalltag durchsetzen. Von vielen dieser vergangenen Erfolge der Arbeiterbewegung profitieren wir Lohnabhängigen bis heute.

Allerdings drohen viele dieser Errungenschaften seit geraumer Zeit wieder verloren zu gehen: Der Wandel der Arbeitswelt und der Beschäftigungsverhältnisse sorgt dafür, dass erkämpfte Sicherheiten (z.B. durch Tarifverträge) für immer weniger Menschen gelten. Gleichzeitig breiten sich Mehrarbeit, unsichere Arbeitsverhältnisse, Niedriglöhne, Arbeitsverdichtung und weitere Negativerscheinungen aus. Als aktuelles Beispiel unter vielen wird die Erhöhung der offiziellen Wochenhöchstarbeitszeit auf 48 Stunden von Kapitalist*innen und deren Interessenverbänden gefordert. Die Notwendigkeit für Verbesserungen der eigenen Lebensbedingungen einzustehen wächst für immer mehr Menschen, auch hier in der Region Stuttgart.

Wir wollen an die Ursprünge des 1. Mai anknüpfen. Die Perspektive der damaligen Arbeiterbewegung war die Überwindung des Kapitalismus. Und auch heute kann für uns das Ziel nur in der sozialen Revolution liegen, der Überwindung aller Herrschaftsstrukturen sowie der Aufbau einer egalitären, befreiten Gesellschaft. Diese Perspektive ist für uns als Lohnabhängige und Anarchist*innen weiterhin der Bezugspunkt unseren Handelns. Gleichzeitig müssen wir schon im Hier und Jetzt konkrete Schritte tun um diesem Ziel näher zu kommen. Das bedeutet, mit dem Fernziel im Blick, schon heute kleine Verbesserungen für unseren Alltag erkämpfen.
Deshalb treten wir ein für eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit als einen konkreten Schritt in Richtung befreiter Gesellschaft: Für den 4-Stunden-Tag – bei vollem Lohnausgleich und vollständiger Personalaufstockung! Zahlen muss das Kapital!

Heute werden dank des technischen Fortschritts immer mehr Bedarfsgüter von immer weniger Menschen in immer kürzerer Zeit produziert. Gleichzeitig finden immer weniger Menschen einen Arbeitsplatz und leiden unter den daraus resultierenden negativen Folgeerscheinungen wie bspw. Armut oder gesellschaftlicher Ausschluss. Und diejenigen, die eine Lohnarbeit haben, müssen immer länger und intensiver arbeiten. Durch den 4-Stunden-Tag würde die Lohnarbeit als gesellschaftlich prägendes Merkmal ihren zentralen Stellenwert verlieren. Weniger arbeiten zu müssen und die Arbeit gleichmäßiger auf alle verteilen zu können würde die Lebensqualität aller Menschen steigern: Ausbrechen können aus einem durch Lohnarbeit durchgetakteten Alltagsleben; mehr gelebte Zeit für die eigenen Belange und Vorstellungen; mehr Zeit mit Angehörigen und Freund*innen; aber auch eine gerechtere Aufteilung der unbezahlten reproduktiven Tätigkeiten wie Haushalt, Erziehung und Pflege; und mehr Zeit zu haben für die kollektive Selbstverwaltung unserer Bedürfnisse, für das kollektive Erproben von Organisierung, Bildung und Mitbestimmung.

Wir fordern eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit un ein erfülltes, solidarisches, auf gegenseitigem Respekt beruhendes und selbstorganisiertes Leben zu ermöglichen. Wir fordern den 4-Stunden-Tag bei vollem Lohn- und Personalausgleich als einen nächsten Schritt auf dem Weg zur Überwindung von Arbeitsausbeutung und Kapitalismus, aber auch zur Abschaffung patriarchale Gesellschaftsordnung. Wir richten diese Forderung dabei nicht nur an die Herrschenden, sondern ebenso an uns selbst. Lasst uns gemeinsam kämpfen, für unser Recht unser Leben selbst zu gestalten, lasst uns eine emanzipatorische, befreite Gesellschaft aufbauen, um eine bessere eine solidarischere Welt schaffen.

Beteiligt euch an der revolutionären 1.Mai-Demonstration in Stuttgart

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