Pressemitteilung zur Aktion anlässlich eines Auftritts des Bundeswehrstabsorchesters auf dem Frankfurter Stadtfest

Am 12.07.2015 gegen 12 Uhr trat auf der Marktplatzbühne des Stadtfestes das Stabsorchester der Bundeswehr auf. Interpretiert wurden unter anderem Märsche von Johann Gottfried Piefke, ehemaliger Musikdirektor des 3. Armeekorps der preußischen Armee. Piefke verlebte die meiste Zeit seines Lebens in Frankfurt (Oder). Die Veranstaltung wurde gleich zu Beginn durch einen viertelstündigen bunten Protest von 20 Aktivist*innen mit Trillerpfeifen, Transparenten und Schildern begleitet. Dort war zu lesen: „Preußen, nein danke!“, „Krieg ist doof“ und „Deutschland führt Krieg und ihr feiert die Bundeswehr?!“ Aufgrund des unsanften Einschreitens der Security des Bunten Herings sowie einiger älterer Herrschaften musste unsere kleine Inszenierung leider vorzeitig abgebrochen werden. Wir verfolgten mit der Aktion das Ziel, eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der eigenen Stadt, sowie ihrer politisch-militärischen Persönlichkeiten und der Bundeswehr im Hier und Jetzt anzuregen.

Auf entsprechenden Flyern, die wir im Publikum des Konzerts verteilten, wiesen wir auf den Werdegang Piefkes hin. So legten wir dar, dass Johann Gottfried Piefke Begründer einiger unsäglicher traditioneller Marschkompositionen war, die auch zum Standardrepertoire der Wehrmacht gehörten, wie beispielsweise „Preußens Gloria“. Der Glorifizierung eines Mannes, welcher als Teil einer Armee am Morden unzähliger Menschen beteiligt war, erteilten wir eine vollständige Absage. Von den anwesenden, größtenteils älteren Besucher_innen wurden wir daraufhin beschimpft und mehrmals körperlich angegriffen. Neben diesen untragbaren Reaktionen auf einen friedlichen Protest fragen wir auch: Welchen pädagogischen Wert haben die kriegsverherrlichenden Aufführungen von Bundeswehrstabsorchester und der vorweg marschierenden Frankfurter Fanfarengarde für Menschen, die sich gerade in der Hauptphase ihrer Entwicklung befinden, also beispielsweise auf anwesende Kinder? Etwa das Beweihräuchern von Krieg, Mord und Vertreibung als Heldentum?

Entgegen der Beschwörungen von Bühne und Publikum ist Musik nie unpolitisch; erst recht nicht, wenn sie eingerahmt wird vom groß angelegten Werben der Bundeswehr für moralische Legitimität („Wir. Dienen. Deutschland.“) Bei Piefkes Kompositionen handelt es sich nicht nur um Traditionen der Wehrmacht, sondern um Zeremonielle, die neben einigen anderen nahtlos durch die Bundeswehr übernommen wurden und auch heute noch Bestand haben. Die Bundeswehr besitzt den offiziellen Status einer Verteidigungsarmee. Verteidigung bedeutet für die Bundeswehr und die deutsche Politik, den afrikanischen Kontinent zu kolonisieren und Hilfe im Aufbau autoritärer Regime zu leisten. Verteidigung bedeutet für die Bundeswehr, 5000 Soldat_Innen für die NATO abstellen zu können. Verteidigung bedeutete für die Bundeswehr, das afghanische Kundus zu bombardieren und den Kosovo zu belagern. Die Bundeswehr ist weder eine Verteidigungsarmee, noch hat sie, ebenso wie der deutsche Staat, ihre Vergangenheit angemessen aufgearbeitet und abgelegt.

Der Utopia e.V., die Libertäre Aktion Frankfurt (Oder) sowie die Antifaschistische Aktion Frankfurt (Oder) stellen sich außerdem entschieden dagegen, der Bundeswehr und somit der Werbung für Krieg und Militarismus den öffentlichen Raum zu überlassen, so wie es im Rahmen des diesjährigen Stadtfestes geschehen ist. Die Bundeswehr als patriarchale Institution lehrt Drill, Gehorsam und Unterordnung. Ein patriarchales Verhalten beschreibt eine in seinem Ursprung männlich geprägte Verhaltensweise, die durch das Ausüben des Rechts des Stärkeren gekennzeichnet ist. Es lehrt also Dinge, die in keinster Weise dazu führen werden, Gleichheit und Gleichberechtigung unter den Menschen auf diesem Planeten zu erzeugen. Doch daran – davon sind wir fest überzeugt – ist uns ja allen gelegen…

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