Wider der Extremismustheorie! – und sie könnens nicht lassen!

In der aktuellen Ausgabe des Kurier kann es auch Tom Hoyem von der FDP nicht lassen seinen unreflektierten Quatsch der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen!

Darum hier nochmals unser Redebeitrag, den wir auf der Kundgebung am 03.06.2016 als Reaktion auf den Extremismusquatsch des CDU-Politikers Tillmann Pfannkuch gehalten haben.

Hier unser Redebeitrag:

Wir würden heute bevorzugt über den gesellschaftlichen -Rassismus- Nationalismus, Pegida, den europaweiten Rechtsruck, alltäglichen Rassismus und sonstige Scheiße reden. Doch sehen wir uns nach den Reden vom 13.05. veranlasst, mal wieder über das leidige Thema „Extremismustheorie“ einen Beitrag zu bringen.

Herausragend beim letzten mal war Tillmann Pfannkuch (CDU), der sich dem Konsens des Netzwerks gegen Rechts entgegenstellte und stattdessen ein „Netzwerk gegen Extremismus“ forderte. Er betonte dabei, dass die „Ängste“ der Bürger*innen ernst genommen werden müssen und diese nicht auszugrenzen oder auszublenden. Für seine Ausführungen erntete er den Unmut der Zuhörer*innen und die Vokügruppe stellte während der Rede die Essensausgabe ein.

Da ist er wieder: der böse Extremismus! Egal ob von Links oder Rechts… ODER gar religiös motiviert, aber bestimmt nicht von christlichen Gläubigen, deren Werte sind ja bekanntlich allem Verdacht erhaben. So einfach sind die Schuldigen an allem Elend auf der Welt ausgemacht… die Schuldigen sind die Extremist*Innen!

Aber was macht eigentlich eine*n Extremist*In  aus? Nun, dafür müssen wir kurz auf die „Extremismustheorie“ eingehen:

Der Begriff “extrem” wird meist als Verbindung zwischen radikal und gewaltbereit verstanden. Zusammengefasst wird der Extremismus durch eine Ablehnung der Verfassung, der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung (FDGO) und der mit ihr zusammenhängenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Grundsätze.

Daneben baut er angeblich auf ein einfaches Freund-Feind-Schema auf und führt alle gesellschaftlichen und politischen Probleme auf eine einzige Ursache zurück. Er lässt keine Meinungsfreiheit zu und sieht den Menschen nicht als Individuum. Er stellt somit das Gegenteil von Toleranz, Vielfalt und Offenheit dar.

Die Extremismustheorie wird gerne in Form eines Hufeisens dargestellt. Die politischen Ränder, links und rechts, befinden sich an den Enden dieses Gebildes. Durch die gebogene Form soll die Nähe dieser und somit der „extremistischen“ Strömungen von “links” und “rechts” aufgezeigt werden, während sich in der Biegung, am entferntesten Punkt, die selbst ernannte Mitte befindet.

Dadurch entsteht der Eindruck dass sowohl der Rechts-, als auch der Linksextremismus sich ähnlicher sind als sie zugeben würden.

Hier zeigt sich nicht nur eine Unwissenheit über und ein Zurechtbiegen der Umstände, sondern eine schlicht und einfach nicht stattfindende Auseinandersetzung mit Begriffen wie “radikal” und “extrem”. Immer wieder wird in den Medien von “Rechtsradikalen” gesprochen, als hätten diese Menschenfeinde eine Lösung für die Probleme in unserer Gesellschaft. Betrachtet man sich den Ursprung des Wortes “radikal”, nämlich das lateinische Wort “Radix”, die Wurzel, dann ist mehr als bedenklich, dass es aus der Gesellschaft scheinbar genug Zustimmung gibt, dass die Wurzeln allen Übels andersdenkende, andersglaubende oder sonstwie nicht der sogenannten Norm entsprechende Menschen sein sollen - denn andere Lösungsansätze gibt es weder aus der rechten noch aus der rechtsextremen Ecke.

Betrachtet man dahingegen linksradikale Positionen, dann finden sich dort deutliche Alternativen zum Bestehenden - Alternativen, die niemanden ausgrenzen, verletzen oder ermorden wollen.

Doch nun zurück zum eigentlichen Punkt.

Dieser Pfannkuch, so wie viele seiner Kolleg*Innen aus den bürgerlichen Parteien, scheint ein Freund dieser, in der Wissenschaft sehr umstrittenen Theorie zu sein. Aber das verwundert nicht! Wir leben ja in einer Gesellschaft die gerade NICHT auf Ideologien/Weltanschauungen, sondern auf gesunden Menschenverstand basiert.

Jetzt aber mal ernsthaft!

Dieses Gedankengebäude verklärt ein breites Spektrum an Meinungen und dessen Ausprägungen, nicht nur bei „Links“ und „Rechts“ zum „Extremismus“, sondern auch die sog. bürgerlichen Mitte zu einem einheitlichen Block und schafft so ein einfaches Freund-Feind-Schema. Die „gute bürgerliche Mitte“, die vor dem „bösen Extremismus“ geschützt werden muss. Im Notfall mit Gewalt!

Solche Ansichten verlagern Probleme in der Gesellschaft und dessen Ursachen nach außen. Also weg von der sog. „bürgerlichen Mitte“, weg von der bürgerlichen, parlamentarischen Demokratie und weg vom Kapitalismus. Diese werden so unkritisierbar und unangreifbar gemacht. Somit ist eine grundlegende Lösung unmöglich. Das passt zu dem, zumindest vor kurzem noch politischen Zeitgeist: „There is no Alternative“ oder das „Ende der Geschichte“. Wir leben ja angeblich in der bestmöglichen wirtschafts- und Gesellschaftsform.

Gehen wir nun noch einmal auf die Forderung von Tillmann Pfannkuch ein, die Ängste der Bürger*Innen ernst zu nehmen.

Ja, wir nehmen diese Ängste, z.B. vor sozialem Abstieg, ernst. Was wir nicht verstehen, ist, dass diese berechtigte Angst auf Leute geleitet wird, die weder Mittel noch Einfluss haben und lediglich das bloße Leben von sich und ihren nahestehenden Mitmenschen retten wollen. Im aktuellen Fall geflüchtete Menschen.

Aber eigentlich sollte es uns nicht verwundern, dass in einer Demokratie in der Probleme nur noch verwaltet werden, da diese ja rein bürgerlich, ideologisch nicht aus unserer Gesellschaft kommen können, nicht mehr über eine grundlegende Lösung gestritten werden kann.

Wir könnten jetzt aus dieser Sichtweise heraus sagen: „ja die Leute von Pegida oder AfD sind eben auf ideologische braune Rattenfänger reingefallen“. Aber dem ist nicht so! Es zeigt nur, dass es einen tief verwurzelten Rassismus und Nationalismus bis weit in die Mitte der Gesellschaft gibt. Nur so ist zu erklären, dass z.B. präkere, schlecht bezahlte Beschäftigungen nicht als Teil der kapitalistischen Verwertungslogik, Sexismus nicht als Teil der bürgerlichen Ideologie gesehen wird, sondern als Problem von Zuwanderung.

Und was machen die bürgerlichen Parteien? Anstatt „klare Kante“ zu zeigen und jedem Rassismus und Nationalismus den Kampf anzusagen, werden die meisten Forderungen von Pegida und AfD „nicht ganz so schlimm“ umgesetzt. Aber sie sind ja keine Rassist*Innen, aber…!

Aber wir können ihnen da eigentlich keinen Vorwurf machen, da sie ja auch nur Teil einer strukturell rassistischen Gesellschaft sind … äh, falsch … wie wir ja gerade gelernt haben, sind die Probleme nicht bei „uns“ zu suchen.

In diesem Sinne:

Weg mit der Extremismustherie!

Für ein Streiten um ein besseres ganz anderes!

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