Mehrere hundert Menschen demonstrieren gegen die LEA in Freiburg

Mehrere hundert Menschen folgten dem Aufruf der Kampagne „Grundrechte am Eingang abgeben“ und demonstrierten unter dem Motto „KEINE LAGER – KEINE LEA“ am gestrigen Samstag gegen die Landeserstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete und für selbstbestimmtes Wohnen in Freiburg.

Als im Jahr 2015 die BEA (Bedarfsorientierte Erstaufnahmeeinrichtung) in Freiburg ihren Betrieb aufnimmt, freut sich die Stadtverwaltung: In Zukunft werden alle Geflüchtete in Freiburg zentral hier untergebracht und für die Stadtkasse entstehen keine Kosten. Diese werden vom Land getragen. Die aufwändige und nervige Unterbringung in menschenwürdigen, richtigen Wohnungen entfällt auch.
2018 wird aus der BEA eine LEA, eine sogenannte Landeserstaufnahmeeinrichtung. Das Gelände bleibt das selbe: Eingezäunt und mit Stacheldraht „gesichert“. In der ersten Zeit war der Zaun zusätzlich von Nato-Draht gekrönt, ein Überbleibsel aus dem Jahr 2009, als das Gelände noch die Akademie der Polizei Baden-Württemberg beherbergte und der BAO Atlantik als Hauptbefehlsstelle der Bullen während des Natogipfels in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden diente.
Schnell wird deutlich unter welchen menschenunwürdigen und schikanösen Zuständen die Geflüchteten in der LEA leben müssen. Eine zwölfseitige Hausordnung schreibt ihnen minutiös vor, was sie alles nicht dürfen. Privatsphäre (so können z. B. Zimmer nicht abgeschlossen werden, Zimmer-, Körper- und Taschenkontrollen sind jederzeit möglich), selbstbestimmte Ernährung, politische Weiterbildung, Alkohol, unangekündigter Besuch und vieles mehr sind in der LEA nicht vorgesehen. Die Einhaltung der Hausordnung wird durch einen privaten Sicherheitsdienst überwacht. Gemeinsam mit Betroffenen organisierten verschiedene Freiburger Gruppen den Widerstand gegen die LEA. Neben Anfragen an das Regierungspräsidium, Infoveranstaltungen, Demos, Mahnwachen, einem Grundrechte-Booklet für die Betroffenen, Pressearbeit, einem Rechtsgutachten im Auftrag von LEA-Watch und Aktion Bleiberecht, einem offenen Brief, einer Normenkontrollklage gegen die Hausordnung klagen vier Geflüchtete gemeinsam mit der GFF, ProAsyl, Aktion Bleiberecht Freiburg und dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg gegen die Hausordnung der Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg/Freiburg. Inzwischen unterstützen über 50 Gruppen aus Freiburg die Kampagne und immer mehr Zeitungen berichten über die LEA.

So folgten am gestrigen Samstag mehrere hundert Menschen dem Aufruf zur Demo „KEINE LAGER – KEINE LEA“ der Kampagne „Grundrechte am Eingang abgeben“ und trafen sich zur Auftaktkundgebung auf dem Platz der alten Synagoge in Freiburg. Mit Abstand und Masken hörten die Menschen Reden von z. B. einem ehemaligen Bewohner der LEA und Black Lives Matter Freiburg (Facebook: blacklivesmatterfreiburg).
Der daraufhin folgende Demonstrationszug wurde von der Orga mithilfe von Absperrband in mehrere Blöcke unterteilt. Dies erinnerte die Teilnehmer*innen daran, dass sie nicht unnötigerweise im Demozug hin- und hergehen sollten. Auch diese Maßnahme zeigte, dass sowohl die Orga wie auch die Teilnehmer*innen Corona ernst nahmen und sie zeigte, dass wir dennoch – trotz Corona – auf die Straßen gehen können, um uns für eine andere Welt einzusetzen.
Die Demo zog bei schönstem Wetter kreuz und quer durch Freiburg, begleitet von mindesten zwei Trommelgruppen (habe ich schon jemals eine Demo in Freiburg ohne erlebt? 😉 ), Lautidurchsagen, Musik, Sprechchören, Transparenten und Schildern, um dann letztendlich vor der LEA anzukommen. Hier wurden nochmal diverse Reden von z. B. Solidarity City und einer evangelischen Pfarrerin gehalten. Letztere schilderte ihre Eindrücke aus persönlichen Gesprächen mit Bewohner*innen der LEA und machte damit das große Leid dort deutlich. Beim Open Mike sprach ein derzeitiger Bewohner über seine Erfahrungen unter den menschenunwürdigen Umständen in der LEA – er benutzte mehrmals den Begriff „Prison“, Gefängnis.

In allen Redebeiträgen wurde deutlich, dass es hier nicht um Forderungen wie besseres Essen (und das Essen in der LEA ist grauenhaft) oder tolleres W-Lan geht. Es geht ganz einfach darum, die LEA abzuschaffen. Es geht darum, jedes Lager zu schließen und die Menschen, die – egal warum – zu uns kommen, menschenwürdig zu behandeln. Und das geht eben nicht in zentralen Lagern, die mit Stacheldraht umgeben sind und von grimmigen Möchtegernbullen bewacht werden. Das geht nicht, indem Menschen entmündigt werden und ihnen jede Hoffnung auf ein besseres Leben geraubt wird. Das geht nur, indem wir ihnen die gleichen Rechte zugestehen, die Menschen mit deutschem Pass auch haben.

Ausführliche Infos zur LEA und der Kampagne findet ihr auf grundrechte-am-eingang-abgeben.de.

Keine Lager nirgendwo.
Gleiche Rechte für alle.
Refugees welcome.

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