Kritische Intervention bei einer Aktion des „Bündnis solidarisch” am 13. März 2013
Am Mittwoch, 13. März 2013, sammelte sich in der Dortmunder Innenstadt am Europabrunnen eine kleine Menschenmenge unter dem Motto „Für ein solidarisches Europa! Gegen die autoritäre Sparpolitik!”. Das „Bündnis solidarisch“, bestehend aus Attac, Occupy, Linksjugend Solid, Die Linke, DKP, SAV und DUW, rief im Zuge der „Ihr repräsentiert uns nicht“-Kampagne, die sich gegen die „Troika (EU-Kommission, EZB, IWF), Bundesregierung, CDU/CSU, FDP, SPD, Die Grünen“ richtet, zu einer Kundgebung und Demonstration auf. Kurz gesagt: Organisationen und Parteien gegen andere Organisationen und Parteien.
„Die Anarchos sind aber viele“ – Geht so. Ihr seid nur verdammt wenig!
Am Startpunkt waren zwei Stände aufgebaut, die überwiegend mit Material der reformistischen Organisation Attac, sowie der Partei Die Linke, SAV und Linksjugend Solid bestückt waren. Die Lenin-Buttons für 1€ stachen besonders hervor. Die Standbetreiber*innen waren anfangs bereit, auch unsere Flyer auszulegen. Kurze Zeit später waren diese allerdings schon wieder verschwunden. Auf Nachfrage bekamen wir die Auskunft, dass das Auslegen des Flyers von dem Kundgebungsleiter untersagt worden sei. Gut, dass wir schon vorher an alle Teilnehmer*Innen Flyer verteilten.
„Alles unter Kontrolle“
Interessant waren auch die Verhandlungen des Kundgebungsleiters mit der Polizei, die darin endeten, dass die Demonstrationsroute wegen vermeintlich „schlechten Wetterverhältnissen“ geändert werden musste. Uns überraschte es nicht, dass diese (übliche) Dreistigkeit seitens der Polizei einfach von den autoritätsgläubigen Demonstrationsteilnehmer*innen ohne auch nur den Hauch einer Widerrede befolgt wurde.
„Bankster“
Bevor der Demonstrationszug startete, gab es Redebeiträge vom Kundgebungsleiter, Linksjugend Solid und IG Metall, welche teils mit Buh-Rufen begleitet wurden. Highlight der inhaltlich schwachen Reden war für uns die Forderung nach einer „starken nationalen und internationalen Mosaiklinken!”, welche mit großem Gelächter begleitet wurde. Dann ging es endlich los und der gigantische Demonstrationszug von circa 40 Menschen setzte sich in Bewegung. Erstaund stellten die Demoteilnehmer*innen fest, dass rund ein Drittel der an der Kundgebung teilnehmenden Menschen nicht mitzogen, nämlich die unter den schwarzen Fahnen. Auch die Rufe „Aufschließen!” konnten nicht dazu beitragen, uns in Bewegung zu setzen, und so ging der Demozug ohne anarchistische Beteiligung seiner Wege.
Fazit
Für uns war die Veranstaltung eine ziemlich lustige Erfahrung. Auch wenn wir inhaltlich sowie praktisch keinerlei Gemeinsamkeit auf dem Weg zu einer herrschaftsfreien Gesellschaft sehen können, verbrachten wir doch einen amüsanten Nachmittag. Danke dafür! Wir bedauern lediglich, dass wir die Veranstaltung überschätzten und so einige Flyer zuviel druckten. Unser Mobilisierungpotential stufen wir als positiv ein. Ohne öffentliche Werbung konnten wir rund 15 anarchistische Genossen*innen dazu bewegen, sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt an dieser denkwürdigen Veranstaltung „teilzunehmen“.
Es braucht endlich eine kontinuierlich arbeitende, außerparlamentarische Bewegung, die den Herrschenden Kontra bietet und dazu nicht mit Parteien egal welcher Art zusammenarbeitet und jeglicher Repräsentation eine Absage erteilt. Parlamentarismus ist so revolutionär und interessant wie die Papstwahl! Der Kapitalismus ist nicht reformierbar. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als die Soziale Revolution und damit einhergehend die Abschaffung jeglicher Herrschaft. Diese Ziele können niemals von oben durch irgendeine Partei oder durch Gesetze erreicht werden. Wir brauchen eine Gesellschaft, die sich von unten organisiert und ihre Lebensverhältnisse selbst bestimmt. Das bedeutet konkret: Die Fabriken sollten in Arbeiter*innen-Kontrolle und ohne Chefs produzieren. Die Produktion sollte sich nach den realen Bedürfnissen der Menschen richten und nicht nach Profitinteressen und künstlich geschaffenen Märkten. Wie wir unsere Stadt, unsere Straßen und unsere Viertel gestalten, sollte auf Vollversammlungen von allen Menschen entschieden werden, die von der jeweiligen Entscheidung betroffen sind. Dies kann auch mittels eines föderalistischen Delegiertenprinzips in großen Zusammenhängen gewährleistet werden. Grundsätzlich gilt allerdings für uns, dass wir keine Utopie vorweg nehmen können, genauso wenig wie wir ein konkretes Bild einer anarchischen Gesellschaft im hier und jetzt zeichnen können. Wie eine herrschafftsfreie Gesellschaft aussehen wird, können letztentlich nur die Menschen beantworten, die in ihr leben. Wir können heute lediglich Grundsätze einer freiheitlichen Gesellschaft aufzeigen und diese Ideen so gut es geht in unser heutigen Welt umsetzen. Denn nur Repräsentanten könnten sagen, wie sie sich eine Welt für andere Menschen vorstellen und ihnen diese aufzwingen. Der anarchistische Weg ist geprägt von ständiger Veränderung und Reflektion der eigenen Ideen und Vorstellungen.
Nicht dem Parlament vertrauen! Auf Widerstand von unten bauen!
Für die Anarchie!
Anarchistische Gruppe Östliches Ruhrgebiet
Unsere nächste Veranstaltung ist der Schwarze Tresen zum Thema „Märzrevolution 1920 im Ruhrgebiet“ im Trotz Allem in Witten, Augustastraße 58, am 29. März ab 19:00 Uhr. Wir freuen uns auf deinen Besuch und interessante Gespräche mit dir!