Corona Soforthilfe – All in all, you’re just another brick in the wall

Die sogenannte Corona-Soforthilfe für Selbstständige und kleine Unternehmen ist nichts weiter als eine Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums nach oben.


Die Corona-Krise rief bei vielen von uns, prekär lebenden Menschen, Ängste hervor, die wenig mit den Symptomen der Covid-Erkrankung gemein haben. Ohnehin reichte das Geld oft gerade so für diesen Monat und den kommenden, vielleicht ist da dann noch das Ersparte von Oma, die eins aber wirklich eigentlich nicht fragen möchte und die Eltern schon gar nicht, die einem immer schon gesagt haben, dass… Bei jeder*em von uns sieht es etwas anders aus, aber seit dem Corona-Lockdown finden wir uns mehr oder weniger im selben Boot wieder, das doch sehr sichtbar in eine andere Richtung segelt, als der Luxuskreuzer unserer Vermieter, der Politker, usw.


Der Lockdown bedeutet das wirtschaftliche Ende für die meisten aus dem Kulturbetrieb, für alle, die auf Stundenbasis vergütet worden sind, sowie für Selbstständige und kleine Unternehmen, deren Projekte als erstes wegbrechen. Auf dieser Grundlage erweist sich das zu Hause bleiben als sehr unangenehm. Als die Bundesregierung PR-wirksam Corona-Soforthilfen auch für die Kleinen ankündigte, war die Hoffnung natürlich riesig. Würde zumindest ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Solidarität nun Wirklichkeit? Heute wissen wir, dass es für unsereins gar nichts gibt außer Hartz4.


Hilfen für Selbstständige und kleine Unternehmen hätten bedeutet, diesen in Form der dort arbeitenden Menschen zu helfen. Nach Veröffentlichung der Soforthilfe hat sich herausgestellt, dass genau diese Unterstützung explizit ausgeklammert wird. Weder darf die Selbständige ihren Lebensunterhalt damit decken, noch ein kleines Unternehmen die Personalkosten.

Allein für Mieten und andere Verbindlichkeiten darf das Geld eingesetzt werden. Nicht nur reduziert diese Regelung den Kreis der Empfangsberechtigten erheblich, sondern offenbart auch, wer gegenüber dem Staat welche Wertschätzung erfährt. Während der arbeitende Mensch in der Krise keinerlei Unterstützung bekommt, werden Kapitalerträge nach Kräften aus öffentlichen Mitteln gesichert. Die Miete soll weiter fließen. Der Arbeitslohn explizit nicht.


Bei der Soforthilfe werden die Betroffenen stattdessen auf andere Formen der Unterstützung verwiesen. Deshalb sollen diese hier nicht unerwähnt bleiben.

Einmal führen Mietrückstände bis Ende Juni 2020 nicht zur Möglichkeit von Kündigungen. Allerdings müssen die Zahlungsunfähigen diese Rückstände später abzahlen und das auf einem durch Immobilienspekulation ohnehin überhitzten Mietmarkt. Es fragt sich auch aus welchen Einkünften dies geschehen soll, hat doch die Rezession gerade erst begonnen. Auch hier tragen die tendenziell wirtschaftlich schlechter gestellten Mieter*innen die Last der Corona-Krise während den Immobilienunternehmen die Einnahmen im Wesentlichen garantiert bleiben. Durch diese Maßnahme sorgt die Regierung einzig für sozialen Frieden und nimmt uns spätere Handlungsräume, indem wir beginnen uns zu überschulden.

Kleinen Unternehmen wiederum wird Kurzarbeit für ihre Beschäftigten nahegelegt. Diese Möglichkeit besteht immer und stellt keine besondere Maßnahme innerhalb der Krise da. Für viele Branchen etwa im Kulturbereich hat der Lockdown aber zu einem kompletten Erliegen des Geschäftsbetriebs geführt und ein Ende des Ganzen ist kaum planbar. Eine Welle an Kündigungen lässt sich dadurch also kaum stoppen. Dies gilt insbesondere für den Niedriglohn-Bereich.

Besonders zynisch zeigt sich der permanente Verweis auf Hartz4, wenn auch der Zugang etwas erleichtert wurde. Nach allen Protesten seit dessen Einführung erübrigt sich hier eine Kritik zu formulieren. Der Verweis auf Hartz4 offizieller Stellen bedeutet nur eines: Eure Not und eure Sorgen gehen uns am Arsch vorbei.


Bei Allem ist von einer Welle der Entrüstung über die Nicht-Hilfen nichts zu spüren. Woran liegt das? Immerhin umfasst der Kreis der Betroffenen viele Menschen mit öffentlicher Reichweite und allgemein vielfältigen Fähigkeiten. Allerdings wird die eigene materielle Lage und die darin liegende Verbundenheit mit anderen kaum wahrgenommen. Selbstoptimierung und Konkurrenzprinzip sind verinnerlicht, Burn-Out und Zusammenbrüche gehören in der Kultur- oder Start-up-Szene zum Lebensentwurf. Wir lächeln immer und beschweren uns nie oder wenn nur für andere, denen es wirklich schlechter geht. Dass wir uns kaum eine Abstellkammer leisten können und der Wasserrohrbruch im Bad sind nur temporäres Hintergrundrauschen. Hinter dem Glitzer unserer Visionen und Kongresse verschwinden die Widersprüche. Und haben wir auch nichts, so zumindest das Privileg, dessen wir uns bewusst sind.

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