Bildung ist ein Menschenrecht

Transpiaktion zur Unterstützung von Jugendaktion Bildung statt Abschiebung heute Morgen an der Brücke vorm Hörsaalzentrum

Die vielfältigen akuten Missstände in allen Bildungsbereichen betreffen sowohl die Lernenden und ihre Lernbedingungen als auch die Lehrenden und ihre Arbeitsbedingungen. Hauptursachen dieser Missstände sind die eklatante Unterfinanzierung von Schulen, Hochschulen, Weiterbildung, Erziehung, Sozialarbeit und freier Bildungsarbeit, die dies legitimierende systematische Fehlkalkulation des Schüler*innen- und Studierendenaufkommens sowie des Lehrkräftebedarfs, ein fortwährendes Kompetenzhickhack zwischen Bund und Ländern und nicht zuletzt die z.T. schon jahrzehnte währende Verschleppung wirklicher politischer Entscheidungen, um die Lehr- und Lernbedingungen tatsächlich zu verbessern.

Seit 2015 wird die Schuld an der daraus resultierenden Misere im Bildungssystem – gerade auch in Sachsen – zunehmend auf Geflüchtete projiziert. Ihre schlichte Zahl, ihre besonderen Lern- und Unterstützungsbedürfnisse oder auch eine ihnen zugeschriebene ‚Integrationsunfähigkeit‘ und ‚-unwilligkeit‘ soll verantwortlich sein für die lange bekannten und durchweg hausgemachten Probleme deutscher Bildungspolitik. Zugleich scheint das ‚Menschenrecht auf Bildung‘ (Art. 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) für Geflüchtete in Erstaufnahmeeinrichtungen, mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus oder abgelehntem Asylantrag in Deutschland keine oder nur eine eingeschränkte Geltung zu haben. Abschiebungen aus Schulen und Berufsschulen unter Mitwirkungspflicht von Lehrkräften und Sozialarbeiter*innen, die Schulen für die Betroffenen zu Angsträumen machen und 2017 zu bundesweit beachteten Solidarisierungen und Protesten von Mitschüler*innen führten, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Schlechte und unterfinanzierte Sprachkurse, die die allgemeine Lernfähigkeit beeinträchtigen, die Nicht-Anerkennung von im Herkunftsland erworbenen Zertifikaten, aber auch vielfältige Erfahrungen mit strukturellem und institutionellem Rassismus gehören an deutschen Schulen und Hochschulen für Geflüchtete zum Alltag. Das fügt sich in die Grundlogik eines Bildungssytems, in dem hinter den ostentativen Fassaden der Programmatiken von ‚Inklusion‘ und ‚Diversity‘ gerade Bildung zunehmend dem Imperativ ökonomischer Effizienz-, Konkurrenz- und Verwertungslogiken unterworfen wird. Verallgemeinerte Konkurrenzkämpfe und eine ausgeprägte Logik der sozialen Selektion und Segregation verbinden sich dabei mit einem allgemeinen ‚Nützlichkeitsrassismus‘ und vielfältigen Diskriminierungen. In der Konsequenz sehen auch deutsche Eltern Heterogenität, Diversität und Pluralität von Lerngruppen oft nicht als Chance, sondern v.a. als Bedrohung des ‚Humankapitals‘ ihrer Kinder.

Aus den konkreten Protesten gegen die Abschiebung eines Mitschülers nach Afghanistan an einer Berufsschule in Nürnberg am 31. Mai 2017 ist das Netzwerk „Jugendaktion Bildung statt Abschiebung“ hervorgegangen. Wir unterstützen dessen Positionen, Forderungen und Grundsätze!

Wir fordern darüber hinaus auch in Sachsen, die Zuschreibung der Verantwortung für die Strukturkrise des Bildungssytems auf Geflüchtete sowie die vielfältigen Formen ihrer Benachteiligung und Diskriminierung zu beenden und stattdessen vernünftige Reformen im Bildungsbereich anzugehen, die auch eine wesentlich bessere Finanzierung beinhalten und dafür sorgen, dass Inklusion und Diversität mehr als bloße Worthülsen werden.

Wir werden weitere Forderungen erarbeiten, die eine emanzipatorische, allgemeine, unbedingte, partizipative und kollektive Bildung jenseits enger Zweck- und Nützlichkeitskalküle an Schule, Hochschule usw. zum Ziel haben. Denn Problemen im deutschen Bildungswesen begegnen nicht nur Geflüchtete!

Wir fordern Schüler*innen, Studierende und alle im Bildungsbereich in verschiedener Form tätigen Menschen auf, uns und die Jugendaktion Bildung statt Abschiebung dabei mit ihren Ideen, Wünschen und Forderungen zu unterstützen.

bildungdd (Offener Bildungstreff)
FAU Dresden | Bildungssektion
Uni kritisch verändern

Kontakt: bildungdd@lists.riseup.net

Zum Originalbeitrag