Bericht zum FdA-Treffen in Nürnberg

rampe31Mitte Juni 2015 fand das jährlich drei Mal ausgerichtete Treffen der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) in Nürnberg im Projekt 31 statt. Durch die Aufnahme anarchistischer Gruppen aus Bayern in die FdA zu Anfang dieses Jahres ergab sich dadurch auch zum ersten Mal die Gelegenheit ein, FdA-Treffen in einer Region zu veranstalten, in sie zuvor nie präsent gewesen war. Nachdem das letzte FdA-Treffen in Ludwigsburg in Baden Württemberg stattgefunden hatte, wurde das aktuelle Treffen erneut im Süden organisiert, was sich natürlich auch auf die Gastgruppen auswirkte. So war in Nürnberg mit der Revolutionären Jugendgruppe (RjG) aus dem Schweizer Bern nur eine Gastgruppe anwesend. Die Gruppe reiste extra für das Treffen an, um sich im deutschsprachigen Raum weiter zu vernetzen und Kontakte zu intensivieren. Zudem ergab sich durch den Besuch eines Mitgliedes der Liga Anarquista aus dem brasilianischen Rio de Janeiro die Möglichkeit, Informationen aus erster Hand über den Anarchismus und die anarchistische Organisierung in Südamerika zu erhalten. Die internationalen Kontakte, die bereits über die Internationale der Anarchistischen Föderationen (IFA) gepflegt werden, konnten so weiter ausgebaut werden.

Alles in allem nahmen an dem Treffen ca. 20 Personen aus acht verschiedenen Gruppen teil, die aus dem gesamten deutschsprachigen Raum angereist waren. Diese reisten mehrheitlich bereits am Freitagabend an, wodurch die Gelegenheit entstand, sich kennenzulernen bzw. an bereits bestehende Bekannt- und Freundschaften anzuknüpfen, sowie die Chance das Projekt 31 als Veranstaltungsort kennenzulernen. Das Projekt 31 ist ein autonomes und selbstverwaltetes Jugend- und Kulturzentrum, welches seit Juni 2014 besteht. Hier finden regelmäßig Konzerte, Vorträge, Filmeabende, Lesekneipen und eine große Anzahl weiterer Angebote statt. Denn auch eine Fahrradwerkstatt, eine vegane Küfa sowie ein Umsonstladen finden sich unter dem Dach des Hauses, das nebenbei noch weiteren Initiativen und Gruppen Raum bietet, sich zu treffen oder ihre Inhalte nach außen zu tragen.

Trotz der bis in die Nacht andauernden Gespräche begann am Samstagmorgen nach dem Frühstück pünktlich die Arbeitsphase des Treffens. Nach einer Begrüßung und der sehr interessanten Vorstellung der Gastgruppen aus Bern und Rio de Janeiro gab es die Möglichkeit für die anwesenden Gäste und neuen Mitglieder die Strukturen und Abläufe der FdA sowie der IFA erklärt zu bekommen. Dieses Angebot wurde rege in Anspruch genommen, da es scheinbar viele Fragen hinsichtlich der Arbeitsweise der der beiden Organisationen gab.

Im Anschluss bildeten sich zwei Arbeitsgruppen: Die erste Gruppe arbeitete an einem (selbst-)kritischen Rückblick auf den G7-Gipfel und die damit verbundene FdA-Kampagne. Die zweite Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Arbeit der Gaidao (der Monatszeitschrift der FdA) und genauer mit möglichen Verbesserungen in Anbetracht der Redaktionsauslastung.

Im weiteren Tagesverlauf bildeten sich in Zug einer weiteren Gruppenphase Arbeitsgemeinschaften, die zu den Themenfeldern IFA, der Ausrichtung eines FdA-Sommercamps, und obendrein zu einer anvisierten Kampagne zum Thema „25 Jahre deutsche Einheit“ arbeiteten. Die erste Gruppe beschäftigte sich beispielsweise damit, das FdA-Modell assoziierter Projekte, die kein Mitglied der Föderation, aber mit dieser auf Projekt- und Informationsebene verbunden sind, auch auf die IFA-Ebene zu übertragen, um auch Gruppen und kleinere Organisationen sinnvoller in die internationale Arbeit einbinden zu können. Ein auf dem Treffen konkret ausformulierter Vorschlag soll auf dem nächsten CRIFA-Treffen im Juni in London eingebracht werden. Die zweite Gruppe entwarf ihrerseits ein Konzept für die Ausrichtung eines FdA-Sommercamps im Spätsommer und sammelte zudem Ideen für eine dezentrale Kampagne gegen die Einheitsfeierlichkeiten, welche dieses Jahr in Frankfurt stattfinden.

Nach der Mandatsvergabe für die Referate der FdA, einem weiteren und ausführlicherem Input zu anarchistischer Politik in Brasilien, sowie dem für diesen Tag abschließenden Gesamtplenums konnten die Anwesenden bei schönem Wetter das Abendessen im Hof des Projekt 31 genießen. Im Anschluss besuchten alle gemeinsam noch die Party des lokalen antifaschistischen Jugendbündnisses, um den Abend ausklingen zu lassen.

Am Sonntag beschäftigten sich die Anwesenden in weiteren Arbeitsgruppen mit der Organisierung eines Skillsharing-Projekts, während die Revolutionäre Jugendgruppe aus Bern von ihren Erfahrungen bei Besuchen in Rojava und Kobane erzählte und ein Projekt zur Unterstützung des Wiederaufbaus für Rojava vorstellte, für das Spenden gesammelt werden.

Nach einer ausführlichen Feedback-Runde, in der alle Teilnehmer*innen sich zum Verlauf und zur Stimmung auf dem Treffen äußern konnten, endete am Sonntagnachmittag dann der offizielle Teil des Treffens. Im Anschluss fanden jedoch noch weitere interessante Gespräche auf informeller Ebene statt, bevor die ersten dann im Laufe des Nachmittags wieder abreisten. Trotz der für FdA-Treffen eher geringen Beteiligung durch Mitglieds- und Gastgruppen war das gesamte Wochenende im Allgemeinen jedoch sehr produktiv und das nach wie vor hohe Interesse an einer überregionalen anarchistischen Vernetzung wurde durchaus deutlich. Neben dem Austausch von Informationen und Erfahrungen war das FdA-Treffen eine gute Möglichkeit, persönliche Kontakte zu knüpfen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten, die auf lokaler Ebene nicht umsetzbar wären.