Aufstand oder schönes Wetter? 6000 gegen die AfD in Offenburg

6184¹ Menschen demonstrierten bei schönstem, eiskaltem Wetter gegen die faschistische Partei AfD. Die Demo war dominiert von „Alle zusammen gegen die AfD“, radikale Positionen waren nur wenig vertreten.

Initiiert wurde die Demo von zwei Einzelpersonen und trotz schlechter Bewerbung war es die mit Abstand größte in Offenburg seit ich denken kann. Im Vorfeld hatte u.a. die Linksjugend darum gebeten, einen Redebeitrag halten zu können, was ihnen aber unter fadenscheinigen Ausreden nicht gewährt wurde. Es sei eine unpolitische Veranstaltung.

Vor 11 Uhr strömten die Menschen auf den Platz der Verfassungsfreund*innen und schon hier war schnell klar, dass fundamentale Kritik an den Verhältnissen heute kaum Raum haben würde. Dennoch begrüße ich es erst mal, dass so viele Menschen gegen die AfD ihre Ärsche hoch bekommen und ihre Ablehnung öffentlich äußern. Kinder, Jugendliche, Erwachsene jeden Alters, Familien, Freundeskreise, alle Hautfarben, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, viele verschiedene Organisationen und Parteien kamen zusammen.

Einige Menschen stellten mit Transpis und Schildern die Kritik an den Deportationsplänen der AfD und anderer Nazis in einen Zusammenhang mit der geflüchtetenfeindlichen Politik der anderen Parteien und der immer weiter durch die EU ausgebauten Festung Europa, dem feuchten Traum aller AfDler*innen. Hier kam es zu interessierten Nachfragen und Diskussionen. Viele konnten z.B. mit dem Begriff GEAS nichts anfangen.

Dann ging die Demo los Richtung Innenstadt. Schweigend. Ein paar Menschen versuchten u.a. mit einem Megaphon, Sprechchöre zu initiieren. Es funktionierte nicht. Wenn Bürger*innen demonstrieren geschieht das scheinbar leise. Kurz flammten hier und da Parolen auf, versiegten aber schnell wieder. Schräg war dann doch, als ein Haufen SPDler*innen und Jusos (zumindest trugen sie deren Fahnen) riefen „Alle zusammen gegen den Faschismus!“ und „Nazis von der Straße fegen!“ Wenn Nazis dann mal in echt angegriffen werden, seid ihr die ersten, die sich von Gewalt distanzieren und den Antifaschist*innen in den Rücken fallen, die Meinungsfreiheit hochhalten und jeglicher Protest müsse sich im Rahmen der Gesetze bewegen. Wer hat uns verraten?

[Fotos anklicken, dann werden sie groß.]

Die Abschlusskundgebung fand auf dem Marktplatz statt. Die Veranstalter*innen hatten im Vorfeld mit ein paar hundert Leuten gerechnet, wohl weil das so die übliche Anzahl von Leuten in Offenburg ist, wenn es gegen Rechts geht. So war der Platz also gestopft voll und die Redebeiträge konnten beginnen.

Der grüne Stadtrat Aydin Özügenc, einer der Initiiator*innen, erzählte aus Betroffenenperspektive, was die Enthüllungen der Nazipläne durch Correctiv mit ihm und seiner Familie gemacht haben. Das war bewegend. Als er dann sagte, dass es „heute Flüchtlinge sind, die deportiert werden sollen“ blieb mir schon die Spucke weg. Geflüchtete sollen nicht deportiert werden, sie werden es seit Jahrzehnten. Und zwar auch mit Unterstützung seiner eigenen Partei. Natürlich nur mit Bauchschmerzen. Die Grünen sind schon lange Teil der hohl drehenden Parteien der „Mitte“, die sich von allen humanistischen Werten abgewandt haben und fleißig an der Festung Europa mit bauen. Und erst im Sommer 2023 unternahmen Mitglieder aller Parteien, auch der Grünen, des Offenburger Stadtrats, zu dem Özügenc eben gehört, gemeinsam mit den drei AFD-Gemeinderät*innen einen Ausflug nach Mannheim und posierten für kuschelige Grupenfotos. Wie hält ein Mensch diesen Spagat aus? Mir würde der Schädel platzen.

Dann kam der 1. Beigeordnete Martini von der CDU und laberte belangloses Zeug für seinen natürlich abwesenden Chef OB Steffens (der war wohl beim Staatstrauerakt für Schäuble in Berlin).

Karl Bäuerle vom Arbeitskreis Interreligiöser Dialog Offenburg brachte dann noch irgendwie Gott ins Spiel, da hab ich dann abgeschaltet.

Allein die Rede der Sprecherin von Aufstehen gegen Rassismus stach hervor, da sie nicht bei belanglosem Gelaber gegen die AfD stehen blieb, sondern auch die anderen Parteien und für Offenburg, besonders den OB Steffens und seine CDU, in Haftung nahm. Das gefiel einigen Leuten und es gab dafür viel Applaus.

Dreist und zum kotzen war es, als dann Martini seine Machtposition ausnutzte und erneut das Podest erklomm, um seinen abwesenden Chef gegen die Kritik von AgR in Schutz zu nehmen und behauptete Steffens würde sich stets deutlich gegen rechts positionieren. Klar sagt er das ständig, allein die Taten fehlen. Aber was will mensch von einem CDUler erwarten?

Ein kurzes Intermezzo, von den meisten unbemerkt, gab es, als eine Person aus der verschwörungsideologischen Ecke sich einen Weg durch die Menge nach vorne bahnte. Sie hielt ein Schild hoch mit den Botschaften „Wieder frei sein“, „Selbstbestimmt leben“ und „Bargeld“. Dazu eine durchgestrichene Spritze und ein auf dem Kopf stehendes Friedenssymbol. Sie wurde dann recht schnell angegangen und von der Demo vertrieben.

Die Demo wurde dann aufgelöst und es kam noch zu vielen interessanten Gesprächen. Überall standen Grüppchen herum und unterhielten sich. Ich bin gespannt, wie viele Menschen zur nächsten Demo gegen die AfD und Co. kommen, wenn der Hype um die Correctiv-Enthüllungen abgeebbt ist und ob sich der Umgang im Offenburger Stadtrat mit den drei Nazis Maygutiak, Weißenrieder und Fey ändern wird.

AfD und andere Nazis mit allen Mitteln bekämpfen.
Für eine herrschaftsfreie Gesellschaft ohne Grenzen.
Für die Anarchie.

¹Die Bullen sagen, es waren 5000 Menschen, darum behaupte ich einfach mal, es waren deutlich mehr.

 

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