[SB] GRENZENLOSE SOLIDARITÄT STATT KAPITALISTISCHEM ÜBERLEBENSKAMPF

Solidaritätserklärung der antinationale.org zum Generalstreik am 14.11.2012

Der heutige Generalstreik auf der Iberischen Halbinsel, zu dem die Gewerkschaftsverbände der beiden Länder Portugal und Spanien aufgerufen haben, ist nur eine weitere Manifestation des Unmuts der europäischen Bevölkerung über das Spardiktat der Troika.  Überall in Europa und anderswo gehen hunderttausende Menschen auf die Straße, weil sie keine Wahl haben; sie müssen ihre Regierung, die sich nicht mehr an den Bedürfnissen der Menschen, sondern nur noch an Profitmaximierung und der Aufrechterhaltung ihrer Macht orientiert, irgendwie darauf aufmerksam machen, dass der Großteil der Bevölkerung in dauernder Angst vor dem finanziellen und sozialen Aus lebt. In Portugal fanden auf Grund von unzumutbaren Kürzungen der Renten, des Mindestlohns und dem Bezug des Arbeitslosengeldes zusammen mit der Anhebung der Mehrwert- und Einkommenssteuer die größten Proteste seit der Nelkenrevolution statt.

In Griechenland verschlechtern sich die Lebensumstände zunehmend, nicht nur hohe Arbeitslosigkeit und katastrophale gesundheitliche Versorgung sind die Folgen davon, sondern auch ein Erstarken von faschistischen Kräften, die der Bevölkerunung Abhilfe vorgaukeln. Da helfen keine Rettungsschirme für Banken! Ebenso wenig wird die verhaltene Forderung nach mehr Demokratie etwas verändern, wenn sie innerhalb eines Systems geschieht, dass den „Demokratie“-Begriff soweit pervertiert hat, dass er heute nur noch durch Abgrenzung gegen alles radikale eine Bedeutung hat. Radikale Veränderungen bedeuten, dass Probleme an der Wurzel gepackt und gelöst werden, dass nicht Symptome (wie zum Beispiel die Finanzmarktkrise) sondern Ursachen (in diesem Beispiel der kapitalistische Normalzustand) bekämpft werden. Es führt zu nichts, ein System, welches auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert, ständig neu zu reformieren, damit es angenehmer erscheint, wenn die Ursachen doch so stark mit der herrschenden Ordnung verankert sind. Deshalb liegt der Weg auch nicht darin, einzelne Faktoren zu verändern, sondern das System als Ganzes für die Ursache sozialer Ungerechtigkeit zu erkennen und deshalb anzugreifen.

Heute streiken die Menschen in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und anderswo, weil ihnen die Lebensgrundlage genommen wird, um ein Wirtschaftssystem zu retten, welches auf Ausbeutung und Ungleichheit basiert. Die Menschen streiken, weil ihnen keine andere Möglichkeit bleibt, ihren Interessen und Bedürfnissen Gehör zu verschaffen, das ist keine Demokratie. Und trotz aller Vehemenz und dem dämmernden Verständnis, dass wir alle gemeinsam in dieser Krise sitzen, kommt aus Deutschland eine zwar erfreulicher Weise weit verbreitete Solidarität (es finden gerade Solidaritätsaktionen in vielen Städten in Deutschland statt) aber wenig Widerstand. Dies liegt zwar auch an der wirtschaftlichen Vormachtstellung, die Deutschland innerhalb Europas hat und daran, dass die Krise hier nicht mal annähernd in einem vergleichbaren Ausmaße zu spüren ist, wie im Süden Europas. Es liegt aber auch daran, dass ein Generalstreik in Deutschland nicht vom Streikrecht gedeckt und somit illegal ist. Es ist eine Schande, das das Streikrecht, was in entwickelten demokratischen Gesellschaften als ein selbstverständliches Recht gilt, in Deutschland derart eingeschränkt ist. Von den 27 Staaten der Europäischen Union ist der politische Streik nur in England, Österreich und Deutschland illegalisiert. Das Verbot von Streiks ist uns eher aus Diktaturen bekannt, statt aus einer Gesellschaft, die sich selbst als demokratisch schimpft. Denn wie demokratisch kann ein Staat sein, wenn er denn Arbeiter*innen ihr wichtigstes und effektivstes Mittel raubt, sich gegen die Ausbeutung durch Chefs und für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen einzusetzen? Hier kann nicht von einer Partizipation der Arbeiterschaft die Rede sein, sondern es wird viel mehr klar, dass wirtschaftliche Faktoren in diesem System als weitaus wichtiger gelten, als das Wohl “unbedeutender” Arbeiter*innen.

Die Rolle, die dabei die bürgerlichen Gewerkschaftsführungen spielen, ist nicht zu unterschätzen. Sie erhalten das Ausbeutungssystem auf Kosten der Arbeitnehmer*Innen indem sie den Standort Deutschland durch eine härtere Regulierung des Finanzmarktes sichern wollen. Die gewerkschaftliche Arbeit wird dabei zumeist von Gremien verrichtet, die praktische keine Rechenschaft ablegen müssen, sie fungieren nur als Organ für die Arbeitnehmer*innen, um in Verhandlungen mit der Leitung von Betrieben zu stehen. Gewerkschaften sollten doch viel mehr eine Chance für die Arbeiter*innen darstellen, sich selbst zu organisieren. Die von den Gewerkschaften gestellten Forderungen nach einer staatlichen Regulierung der Finanzmärkte geht immer auf Kosten der Arbeitnehmer*Innen, so sieht mensch es beispielsweise gerade in Griechenland: massive Steuererhöhungen, Lohnkürzungen und Privatisierung öffentlicher Betriebe sind Mittel von Merkel und Troika. Dass die Menschen in den gerade am stärksten von der Krise betroffenen Ländern wie beispielsweise Griechenland nicht alleine aus dieser Sg Abhilfe vorgaukeln. Da helfen keine Rettungsschirme für Banken! Ebenso wenig wird die verhaltene Forderung nach mehr Demokratie etwas verändern, wenn sie innerhalb eines Systems geschieht, dass den „Demokratie“-Begriff soweit pervertiert hat, dass er heute nur noch durch Abgrenzung gegen alles radikale eine Bedeutung hat. Radikale Veränderungen bedeuten, dass Probleme an der Wurzel gepackt und gelöst werden, dass nicht Symptome (wie zum Beispiel die Finanzmarktkrise) sondern Ursachen (in diesem Beispiel der kapitalistische Normalzustand) bekämpft werden. Es führt zu nichts, ein System, welches auf Ausbeutcheiße kommen wurde spätestens bei den Wahlen in Griechenland im Mai dieses Jahres deutlich: dort wurde lediglich entschieden, wie sehr die griechische Arbeiterschaft unter den Voraussetzungen des EU-Rettungsschirmes leiden würden. Die wirklichen Entscheidungen fielen an der selbsternannten „Spitze“ der EU, der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU Kommission und Internationalem Währungsfond (IWF), die den Standort Europa sichern wollen.

Der Glaube, eine direktere Form eben jener „Demokratie“ würde die Situation der Menschen verbessern ist illusorisch, solange sie weiter repräsentativ im Interesse des Kapitals geführt wird, solange der Rahmen innerhalb der kapitalistischen Standortdebatte bleibt und so sind auch die Proteste oftmals fehlorientiert und führen eine moralisierende Kritik an Bankern und Zinsen an, statt eine grundlegende Kritik an Kapitalismus und Ausbeutung in Erwägung zu ziehen. Es fehlt das elementare Verständnis dafür, dass die Krisen dem Kapitalismus innewohnen und dass daran auch ein noch so bunter und kreativer Protest nichts ändert, solange er sich noch mit schwammigen Forderungen an die falsche Adresse richtet, und nicht endlich einfordert, was wirklich eine Veränderung bringt. Die Regierung nutzt derweil die Angst der Arbeitnehmer*innen vor der Krise. Sie unterstützt indirekt den Konkurrenzkampf unter den Arbeiter*innen unterschiedlicher Herkunft, forciert somit nationalistisches Denken und riskiert damit rasisstische Ressentiments in der Bevölkerung wachsen zu lassen. Das ist nicht die Art von Zusammenleben, die uns ein einiges Europa versprochen hat, nicht die Art von Zusammenleben, die wir wollen: wir wollen Solidarität statt Konkurrenzkampf und ein menschliches Miteinander statt Ausgrenzung. Doch dies ist nicht möglich in einem System, dass auf eben jener Konkurrenz beruht. Und auch eine direktere Form der repräsentativen Demokratie kann das nicht, denn auch sie würde innerhalb dieses Wirtschaftssystem nur dazu dienen, die kapitalistische Lebens- und Produktionsweise zu legitimieren und aufrecht zu erhalten.

Wir sehen in dieser Gesellschaft, in der ein Mensch nur soviel wert ist, wie seine Arbeitskraft, keine Zukunft. Wir wollen das schöne Leben für alle und das ist im Kapitalismus nun mal nicht möglich. Deswegen solidarisieren wir uns heute mit denjenigen Menschen in Griechenland, Portugal, Spanien und überall sonst auf der Welt, die schon seit Monaten gegen die Zumutungen des Spardiktats und alle anderen ohnehin schon bestehenden Zumutungen des kapitalistischen Normalvollzugs kämpfen. Und solange sich diese Kämpfe gegen den Kapitalismus als solches richten, solange sie antinationale Kämpfe sind, sind es auch unsere Kämpfe. Es wichtig, dass sie hier geführt werden, wichtig, dass wir hier unseren Widerstand zeigen um nicht unsere Zustimmung zu den Verhältnissen zu geben.

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