Genossin Chus Vila im Hungerstreik


Wir berichten über unsere in Fuerteventura (Kanarische Inseln) lebende CNT
Genossin María Jesús Vila Calviño, auch als Chus bekannt, die seit vergangenen Dienstag
in einen unbefristeten Hungerstreik getreten ist,
nicht nur wegen ihrer persönlichen Situation (keine Arbeit, keine
Arbeitslosengeld, keine finanzielle Hilfe, keine Wohnung), sondern auch
wegen der Menschen, die sich in der gleichen Lage befinden.

Aus diesen Gründen hat Chus den Platz vor dem Regierungsgebäude in Puerto
Cabras (Puerto del Rosario) besetzt, wo sie sich mit Hilfe von FreundInnen
und GenossInnen Tag und Nacht aufhalten wird. Bis heute hat sie der
Sozialminister von Fuerteventura und der Kulturdezernent des Stadtrates
von La Oliva besucht. Die lokalen Repräsentanten der Regierung haben die
Polizei von Puerto del Rosario angewiesen den öffentlichen Platz auf dem
sie zeltet zu räumen. Auf der anderen Seite hat das Rote Kreuz in
Fuerteventure ihr mitgeteilt, dass es sie momentan aufgrund von
Personalmangel nicht unterstützen kann, es organisiert jedoch Schichten
mit Freiwilligen, die auf Chus achten. Die Unterstützung der Leute in
Fuertevetura ist beeindruckend und Chus ist wirklich gerührt.

María Jesús hat mitgeteilt, dass ihre Entscheidung „notwendig sei um Druck
auszuüben“ für einen „radikalen“ Wandel der Sozialpolitik der Regierung,
welche bis heute „nicht verstanden hat, dass hinter den genannten Zahlen
Menschen stehen“ und „wenn diese verhungert Tod auf die Straße geworfen
werden, dann wird es die Regierung mit ihren eigenen Augen sehen“.

Anbei der Brief der Genossin an die Regierung, den Rat von Fuerteventura
und den Stadtrat von Puerto Cabras, in denen sie die Gründe ihrer
drastischen Entscheidung erläutert.

CNT Teneriffa

———————–

BRIEF

María Jesús Vila Calviño, Bewohnerin der Insel Fuerteventura

Ich teile mit:

Ich habe einen HUNGERSTREIK begonnen. Ich verfüge über einen klaren
Verstand und ein uneingeschränktes Gedächtnis, bin in guter
gesundheitlicher Verfassung und habe keine organischen Probleme, an denen
ich in den nächsten drei oder vier Monaten sterben werde. Deshalb mache
ich die nationale, regionale und lokale Regierung für meinen Tod und für
den Verlust aller zivilen Ressourcen, die mir als regulärer Bürger
zustehen, verantwortlich. Diese Entscheidung treffe ich als souveräner
Mensch, als Erwachsener und im vollen Bewusstsein über mein Handeln.
Deshalb kann niemand eine dritte Partei beschuldigen, mir diese Haltung
aufgezwungen zu haben.

Während meines Hungerstreiks werde ich mich in der 1º de Mayo Straße vor
dem Gebäude der Regierung und des Stadtrates von Puerto del Rosario in
Fuerteventura aufhalten. Ich werde die Menschen persönlich informieren.

Gründe:

Die Gründe, die mich dazu bewegen diese Aktion durchzuführen, liegen auf
der Hand: das Verhalten der Regierung dieses Landes gegenüber 6 Millionen
Menschen ohne Arbeit und ohne die Aussicht auf Arbeit. Jeden Tag werden
512 Familien aus ihre Häusern geräumt, weil sie nicht bezahlen können.
Angesichts dieser Situation ist der Grad der Vernachlässigung offenbar.

Da ich mich selbst in dieser Situation befinde, ohne Optionen oder
Alternativen, vernachlässigt und hilflos, bin ich gezwungen die genannte
Aktion durchzuführen, um dadurch Druck auf die Regierung auszuüben, damit
diese ihre Sozialpolitik ändert, denn anscheinend hat sie immer noch nicht
verstanden hat, dass hinter den genannten Zahlen Menschen stehen. WENN SIE
UNS VERHUNGERN LASSEN UND AUF DIE STRASSE WERFEN, DANN WERDEN SIE UNS
SEHEN.

Ich hoffe, dass diese Aktion die öffentliche Aufmekrsamkeit auf die
genannten Aspekte lenkt und betont, dass die Zahlen in Menschen übersetzt
werden müssen, in Menschen wie mich. Zahlen sind nicht so wichtig wie die
Aktionen Einzelner oder gemeinsame Aktionen.

Schluß:

Der Ende des Hungerstreiks wird von der Lösung dieses Konflikts oder dem
Tod derjenigen abhängen, die diesen Brief geschrieben hat.

Puerto del Rosario den 7. August 2012

Zum Originalbeitrag