#14N: Generalstreik, Tränengas, Knüppelorgie


Streikposten in der Gran Via, Madrid. Wenig später wurden diese von der Polizei angegriffen (Foto: lahaine.org)
Der erste „europäische Generalstreik“, der für diesen 14. Novemver (14N) angesetzt war, war zunächst einmal ein iberischer. In Spanien und Portugal wurde der 24-stündige Streik gegen ein Europa der Troika massiv befolgt. Alleine für den spanischen Staat sprechen Gewerkschaften von nahezu 10 Millionen Streikenden. Vermutlich mehrere Millionen Menschen haben sich dort an Demonstrationen beteiligt. Begleitet wurde der Streik von Polizeiattacken u.a. in mehreren Städten der iberischen Halbinsel und in Rom. In vielen anderen Städten Europas gab es Solidaritätsaktionen im Rahmen des Generalstreiks.
Schon gegen Mitternacht des 14. November zogen in Spanien Streikketten an den zentralen Infrastrukturpunkten auf: Bus- und Bahndepots, Flughäfen, Zugänge zu den Industriegebieten. Spanische Gewerkschaften geben die Streikbeteiligung mit rund 80% an. Der Stromverbrauch des produzierenden Gewerbes ging laut «Economistas frente a la crisis» in Folge der streikbedingten Produktionsausfälle um zwei Drittel zurück. In vielen Städten zogen Flying Pickets aus Streikenden und UnterstützerInnen durch die Straßen zu den noch offenen Kaufhäusern und Läden. Dabei kam es mancherorts zu den ersten Auseinandersetzungen, als Polizeieinheiten Streikposten angriffen. Die Tageszeitung „El Mundo“ war sich dabei nicht zu schade, ihre Zeitungsproduktion durch Polizeifahrzeuge zu den Auslieferungslagern fahren zu lassen.

„Und hinterher werdet ihr wieder behaupten, wir seien fünf oder sechs gewesen“ (Foto: kaosenlared.net)
In Dutzenden von spanischen Städten wurde der Streik von Demonstrationen begleitet. Alleine an den 13 Kundgebungen in Galizien haben sich nach Gewerkschaftsangaben dabei mehr als 500.000 Menschen beteiligt. In Vigo, einer Stadt mit 300.000 EinwohnerInnen sollen es fast 150.000 gewesen sein, die ihren Unmut auf die Straße getragen haben. Auch in anderen Städten im spanischen Staat war die Beteiligung an den Demonstrationen massiv. Schon alleine die Alternativ-Gewerkschaften brachten zusammen mit verschiedenen sozialen Bewegungen Zehntausende auf die Straße: In Salamanca folgten 7.000 einem Aufruf der CNT, in Barcelona waren es mehr als 30.000 im „antikapitalistischen Block“, zu dem u.a. die CNT aufgerufen hatte, in Madrid waren es ebenfalls zehntausende, die in den Blocks der Alternativgewerkschaften auf die Straße gingen. Sowohl für Madrid als auch für Barcelona sprechen die großen Gewerkschaften von jeweils mehr als einer Million TeilnehmerInnen. Auch wenn das zu hoch gegriffen sein dürfte, war die Massen an Leuten, bis hinein in die Kleinstädte enorm. Die Polizei attackierte den ganzen Tag hindurch in einer Vielzahl von Städten Streikposten und Kundgebungen. Zur Stunde gehen wir von mindestens 200 Festnahmen und mehr als 100 Verletzten aus. An einigen Orten kam es zu allerlei kreativen Aktionen im Zuge des Generalstreiks: In La Bisbal räumten Leute beispielsweise in einem „proletarischen Einkauf“ ganze Einkaufswagen mit Lebensmitteln in einem Supermarkt voll, um sie anschließend zu verteilen.

„So wie wir von CNT in unseren Streikposten und in den Betrieben, in denen wir vertreten sind, den Streik erlebt haben, hatte er sehr große Auswirkungen – sogar mehr als der vom 29. März 2012.“ (Jose, CNT Villaverde)

Die portugiesischen Gewerkschaften sprechen ebenfalls von einer massiven Beteiligung am Generalstreik. In Lissabon griff die sichtlich nervöse Polizei vom Nachmittag bis in die Abendstunden massiv eine Demonstration an, die versuchte, im Rahmen des Generalstreiks das Parlament zu umzingeln. Dabei gaben Polizisten nach Angaben der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa Warnschüsse mit scharfer Munition ab. Ständig wurden Verletzte mit Krankenwagen weggefahren, in den umliegenden Straßen brannten immer wieder kleinere Barrikaden. Im Anschluß an die Übergriffe der Polizei wurden mehr als 120 Menschen an einem anderen Ort der Stadt von Antiterror-Einheiten überfallen und in ein ehemaliges Gerichtsgebäude am Stadtrand verschleppt, wo ihnen zunächst jeder Kontakt zu Anwälten oder Angehörigen untersagt wurde. In Porto gingen mehrere tausend Menschen auf die Straße, darunter auch ein Block von Anarcho-SyndikalistInnen.

Demonstration in Porto im Norden Portugals (Foto: Ismail Küpeli)
In Rom, Mailand und Turin gerieten SchülerInnen und StudentInnen, die sich gegen die massiv schlechter werdenden Ausbildungsbedingungen und die miserablen Zukunftsaussichten auf die Straße gingen, mit der Polizei aneinander. Auch in mehr als einem dutzend weiteren italienischen Städten gab es Demonstrationen.

In Frankreich wurde der Aufruf zum Generalstreik von den großen Gewerkschaften ignoriert. Mitglieder der CNT streikten hingegen z.B. im Automobilwerk PSA Borny, wo die anarcho-syndikalistische Gewerkschaft als einzige zum Streik aufgerufen hatte.

In Belgien streikten die EisenbahnerInnen und legten den Bahnverkehr fast komplett lahm.

In Griechenland wurde ein Aufruf zu einem dreistündigen Streik am Nachmittag kaum befolgt. Lediglich einige tausend DemonstrantInnen ließen sich auf dem Syntagma-Platz blicken.

In Deutschland waren es wie befürchtet nur wenige, die für ihre eigene Zukunft und in Solidarität mit den ArbeiterInnen der südlichen EU-Länder auf die Straße gingen. Nachrichten über kleinere Aktionen mit wenigen hundert TeilnehmerInnen, häufig mit Präsenz lokaler FAU-Syndikate, erreichten uns u.a. aus Berlin, Bochum, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Köln, Stuttgart, Münster.

Zum Originalbeitrag