Zak Kostópoulos ist nicht vergessen
Über zwei Monate nach dem schrecklichen Lynchmord durch Geschäftsleute und Polizeibeamte am 33-jährigen LGBT-Aktivisten Zak Kostópoulos, am 21. September 2018 in Athen, wurde am 20. November endlich der offizielle Obduktionsbericht veröffentlicht. Zak Kostópoulos starb demnach an akutem Herzversagen auf Grund seiner vielen Verletzungen und des dadurch hervorgerufenen körperlichen und psychischen Stresses. Er hatte keinerlei Drogen konsumiert. Ohne jeden Zweifel sind das die Ergebnisse der toxikologischen und histologischen Untersuchungen des Gerichtsmediziners Grigóris Léon, des Vorsitzenden der Griechischen Gerichtsmedizinischen Gesellschaft.
Zak Kostópoulos litt also weder an einem Herzleiden, noch wurde in seinem Körper irgendeine „verdächtige“ Substanz nachgewiesen. Er verstarb auf Grund der vielen verschiedenen Verletzungen an stressbedingtem Herzversagen, eine halbe Stunde nach dem ersten auf diversen Videos festgehaltenen Lynchversuch der beiden Geschäftsinhaber in der Gladstónosstraße. Dies bedeutet, dass sein Herz während der folgenden Misshandlungen durch die Polizeibeamten der berüchtigten DIAS-Motorradeinheit, aufhörte zu schlagen.
Der Gerichtsmediziner Léon schließt in einer Stellungnahme gegenüber der linken Athener Tageszeitung Efimerída ton Syntaktón (EfSyn) vom 21. November „Drogenmissbrauch von Zak Kostópoulos aus“. Da alle Untersuchungen negativ waren, bedeutet dies, „dass dieser Mensch in letzter Zeit keine Drogen zu sich genommen hatte.“ Dies ist insofern von Belang, weil viele Massenmedien, Nazis und die beiden Geschäftsbesitzer von einem „versuchten Diebstahl eines Junkies“ gesprochen hatten. Im Obduktionsbericht ist von „vielfachen Verletzungen am ganzen Körper“ die Rede, wodurch „extremer körperlicher Stress“ ausgelöst wurde, der zum Tode führte. „Der Herzmuskel bekam zu wenig Sauerstoff um weiter Blut zu pumpen und hörte auf zu arbeiten.“
Eltern, Freund*innen, Aktivist*innen der außerparlamentarischen Bewegungen und die EfSyn hatten wochenlang auf verschiedenen Ebenen Druck gemacht, damit der Lynchmord aufgeklärt und die Mörder zur Rechenschaft gezogen werden. Erwähnt sei hierbei, dass in den ursprünglichen Ermittlungsakten der Polizei weder die Misshandlungen der Ladenbesitzer noch diejenigen der Polizeibeamten erwähnt wurden. Dagegen ist in den Akten „von einem versuchten Überfall“ und „Notwehr des Geschäftsinhabers“ die Rede. Durch die Veröffentlichung der Videos, die Demonstrationen in vielen griechischen Städten, die wiederholten massenhaften Plakataktionen in Athen und Thessaloníki und die regelmäßige Berichterstattung linker Medien, war Bürgerschutzministerin Olga Gerovasíli (Syriza) Anfang November gezwungen im staatlichen Sender ERT öffentlich zu versprechen, dass „der Fall bis ins letzte Detail untersucht und aufgeklärt“ werde.
Der am Lynchmord beteiligte 55-jährige Häusermakler, der darüber hinaus seit Jahren als Pressekoordinator der kleinen rechtsradikalen Partei Patriotikó Métopo (Patriotische Front) in Athen fungiert und über gute Kontakte zu Chrysí Avgí (Goldene Morgenröte) verfügt, war – wohl ermutigt durch den langen Stillstand der Ermittlungen – im Oktober durch schwulenfeindliche und faschistische Hetze gegen Zak und seine Familie in den sozialen Netzwerken aufgefallen.
Bürgerschutzministerin Gerovasíli sah sich im Radiosender „News24/7“ vom 21. November zu der Stellungnahme gezwungen, den „Abschluss der polizeilichen Untersuchungen in wenigen Tagen“ anzukündigen, und führte die Verzögerungen darauf zurück, „dass drei Mal der verantwortliche Leiter der Untersuchung ausgewechselt werden musste“.
Am 28. November schloss sich Amnesty International (AI) der breiten Bewegung zur Aufklärung des Mordes an Zak Kostópoulos an. In der Stellungnahme von AI wird die schwere Verantwortung der Polizei am Tod des LGBT-Aktivisten hervorgehoben, die dafür zur Rechenschaft gezogen werden müsse.
Am 30. November verhängte die Nationale Radio- und Fernsehkommission, eine Art nationaler Ethikrat, gegen den Fernsehsender ART TV, der sich im Besitz des rechtsradikalen, christlichen Fundamentalisten und ehemaligen Parteivorsitzenden der rechtsfundamentalistischen Partei Laós befindet, eine Strafe von 150.000 Euro wegen der Durchführung einer abartigen Meinungsumfrage zum Lynchmord. Die Kommission bewertete dies als „Beleidigung und Schädigung des Ansehens Verstorbener“.
Am selben Tag kam schließlich auch der zweite, von der Familie Kostópoulos beauftragte, unabhängige Gutachter Sotíris Tsantíris zu dem gleichen Ergebnis wie der Gerichtsmediziner Léon. In seinem Gutachten führt er 22 Verletzungen auf, wovon die 14 Schwersten am Kopf des Opfers zu finden sind.
Am 3. Dezember wurden Teile der Anklageschrift bekannt. Darin ist laut informierten Quellen davon die Rede, dass die Schläge und Tritte der Polizeibeamten todesrelevant gewesen sein könnten. Die Beamten erhielten bis zum 12. Dezember Zeit ihre Aussagen vorzubereiten.