[Vortragsdokumentation] – Heinz Jürgen Voß: Biologie und Geschlecht
Wir konnten im September 2013 einen Vortrag von Heinz Jürgen Voß aufzeichnen, in dem er über das biologische Geschlecht referiert. Vortrag und Diskussion dauern 1:45 h.
Den zugehörigen Audiobeitrag könnt ihr ab sofort hier herunterladen: archive.org (mp3 | ogg).
Hier könnt ihr ihn direkt anhören:
Die Einteilung in Männer und Frauen hat mit biologischen Eigenschaften wenig zu tun. Viele dieser Eigenschaften sind im Alltag gar nicht sichtbar. Genitalien zum Beispiel sind die meiste Zeit verdeckt. Vielmehr lernen wir von klein auf, Personen anhand ihrer Kleidung, Verhaltensweisen oder ihrer Körpersprache als Männer oder Frauen zu identifizieren. Studien zeigen, dass Erwachsene schon auf Neugeborene ganz unterschiedlich reagieren – je nachdem, ob ihnen das Kind als Mädchen oder Junge vorgestellt wird. Wird das Baby als Junge vorgestellt, erscheint es stark und frech. Wird ihnen dasselbe Baby als Mädchen vorgestellt, erkennen sie es als zart und hübsch. Das zeigt, wie unterschiedlich mit Mädchen und Jungen umgegangen wird. Wir lernen vom ersten Tag an was typisch weiblich und typisch männlich ist.
In seiner Dissertation über medizinisch-biologische Geschlechterbetrachtungen zeige er, dass nicht nur soziale Geschlechterrollen, sondern auch biologisches Geschlecht und biologische Theorien immer in gesellschaftlichen Zusammenhängen entstehen. Deswegen schaue er sich die Bestimmung von biologischem Geschlecht und deren zeitliche Entwicklung an. Dabei zeigt sich, dass es stets intensive Diskussionen darum gegeben hat, wie gleich oder verschieden zwei Geschlechter sind und ob sich diese zwei Geschlechter überhaupt eindeutig unterscheiden lassen. Einige meinen damit das Erscheinungsbild äußerer Genitalien, einige innere Genitalien wie Hoden und Eierstöcke, wiederum andere den Chromosomen- oder Hormonbestand. Egal auf welcher Ebene wir schauen, zeigt sich mittlerweile, dass viele Faktoren in die Ausbildung des Genitaltraktes involviert sind. Genitalien entwickeln sich vielgestaltig und individuell verschieden. X- oder Y-Chromosom bestimmen nicht, ob wir Penis oder Vagina bekommen.