Unser Redebeitrag auf der Demo am 28.9.13

Wenn wir uns anschauen wie viele tausend Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken, wenn wir uns anschauen in welchen armseligen Verhältnissen Flüchtlinge eingesperrt werden, wie mit ihnen von staatlicher Seite aus umgegangen wird, wie sie die Zuspitzung dessen in Form von völkischen Mobs erleben müssen, nachdem sie in Europa angekommen sind, nur um dann in den meisten aller Fälle wieder abgeschoben zu werden. Ein „Recht auf Asyl“ im Grundgesetz kann da nur als absoluter Zynismus erscheinen.

Zynisch aus folgendem Grund: Stellen wir uns einmal die Frage, woher denn das Leid kommt, vor dem die Menschen fliehen, um abermals ihr Leben aufs Spiel zu setzen? Die Antwort ist auf einen mittlerweile international durchgesetzten Kapitalismus zurückzuführen, in dem natürlich auch Staaten untereinander in Konkurrenz stehen. Dabei ist es dann nur ein Folgefehler sich positiv auf ein „Menschen-“ oder „Völkerrecht“ zu beziehen, das die nationalen Interessen, die international durchgesetzt werden sollen, ins Recht setzt. Ein Recht, das sich der Staatenbund „UN“ selbst auferlegt. Nicht um die Gewalt zu begrenzen, sondern als Sortierungsintrument zwischen „legitimer“ und „illegitimer“ Gewalt dient.

„Auch wenn diese Unterscheidung – im allgemeinen wie in jedem besonderen Fall – keine andere Grundlage hat, als die souveräne Entscheidung der Betroffenen Gewalthaber selbst, sie zu treffen und gelten zu lassen, so heißt das eben doch auch andersherum, daß die Staaten sich selbst und einander die Rolle des regelkundigen Aufpassers zuerkennen. Mag eine übergeordnete Auslegungs- und Exekutivgewalt auch fehlen: Die vereinbarte Satzung macht die Politik der Staaten zum Gegenstand einer fortwährenden, rechtsförmigen Beurteilung. Und zwar durch alle, die – aus welchem nationalen Eigeninteresse auch immer – mit der Satzung hantieren, sie also anerkennen.

Das Völkerrecht ist der einvernehmlich akzeptierte Leitfaden für Außenpolitiker*innen, sich untereinander – unbeschadet ihrer wirklichen, oft genug unvereinbaren Interessen – über die formelle Billigung ihrer jeweiligen Aktionen, wie auch über eine eventuelle Verurteilung der Machenschaften anderer Staaten, einig zu werden. In den Mächten, die sich an dieser perversen Art kollektiver Urteilsbildung über ihren wechselseitigen Gewaltgebrauch beteiligen – und das sind mittlerweile alle –, hat das Völkerrecht daher zwar immer noch keinen gewaltmonopolistischen Exekutor, aber durchaus einen gewichtigen Hüter: Seine Geltung ist verankert im kollektiven Urteil und den kollektiven Entscheidungen der Staaten, die sich ihm unterstellen, um es als Instrument gemeinschaftlicher Ermächtigung – da denkt jeder an sich selbst – und Beschränkung – von Konkurrenten und Feinden – wirksam werden zu lassen.“ (nach GS-1-99)

Mit dem Asylparagraphen des Grundgesetzes verhält es sich ähnlich: Während dort im ersten Absatz steht „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“, sieht es in der Realität ganz anders aus. Wenn tausende von Menschen auf der Flucht sterben oder in Lagern zusammengepfercht werden, dann liegt das nicht an der mangelnden Umsetzung dieses Paragraphen oder einem schlechten Finanzhaushalt. Der Grund ist ein ganz anderer: Es dient nicht den Interessen des Landes. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt ganz deutlich der Fall von Nina Schmitz, die bis vor kurzem noch ein Asylheim leitete aber entlassen wurde aufgrund ihrer offenen Kritik gegenüber Abschiebungen von Bewohner*innen des Hauses. Damit habe sie schließlich „gegen die Interessen des Landkreises gehandelt“, so das offizielle Begründungsschreiben.

So wie die vielen anderen Gesetze in Deutschland eben auch nur der Bewältigung der Konkurrenz, die der Staat einrichtet und aufrecht erhält, dienen, dienen solche „internationalen“ Gesetze und Rechte eben der internationalen Konkurrenz zwischen den Staaten. Wenn ein Staat sein Interesse außenpolitisch durchringt, dann steht auch dahinter seine militärische Stärke, seine Macht und das Ansehen, dass er sich von den anderen Staaten erworben hat. Das erklärt auch wieso es Menschen die aus der ehemaligen UDSSR oder der ehemaligen DDR in den Westen flohen, mit offenen Armen begrüßt wurden, während andere jahrelang auf ein Asylverfahren warten mussten, während sie in der Zwischenzeit gerade so am Leben gehalten wurden. Sie kamen schlicht aus dem falschen Land.

„Tatsächlich braucht es das Asylrecht als weltöffentlichen Beweis dafür, dass man nunmehr als Staat endgültig auf der besseren Seite, dem moralisch maßgeblichen Lager des freiheitlichen Imperialismus angekommen ist; auch als offizielle Mahnung gegen überzogenen, weil manchmal unpassenden Rassismus der eigenen Untergebenen. Dafür braucht es aber keinen einzigen Asylbewerber, sondern nur den Beschluss des Parlamentarischen Rats. Für die Praktizierung des Asylrechts als gewöhnlicher Unterabteilung zwischenstaatlicher Beziehungen bei denen (auch) mit seiner Hilfe die außenpolitische Zuständigkeit zur Beobachtung und Sortierung fremder Staaten wahrgenommen wird, wären allenfalls einige wenige Asylbewerber*Innen pro Jahr aus den richtigen Staaten vonnöten: als Repräsentanten der unerträglichen Unterdrückung in ihren Staaten, politische Demonstrationsobjekte deutscher Güte und Ansprüche.

Das Pech für die Flüchtlinge, die durch die globalen Erfolge des Imperialismus (alternativ: Kapitalismus) mit Geschäft und Gewalt weltweit zur Flucht gezwungen werden, ist es, dass sie in der Menge für diesen politischen Dienst an der Außenpolitik der Nationen zu viele sind. Außerdem ist dieser Dienst auch schon erledigt, wenn sie im Asylland eingetroffen und dem dortigen Asylrecht unterworfen sind. Ab diesem Zeitpunkt sind sie für den Staat nichts anderes mehr als lästiger Schrott; und so werden sie auch behandelt.“ (nach MSZ 9-85)

Aus diesem Grund erklären wir uns solidarisch mit den Kämpfen der Refugees und werden sie nach Kräften unterstützen, um gemeinsam Druck auf die Verantwortlichen aufzubauen!

… deshalb weg mit den Grenzen, weg mit dem Kapitalismus, weg mit Deutschland!

Kommt am 03. Oktober nach Stuttgart, wenn es heißt „Gegen Staat, Nation und Kapital“ und am 04. und 05. zur Konferenz „aber hier leben? nein danke!“ bei der über Staat, Nationalismus und Kapitalismus diskutiert und gestritten wird.

Zum Originalbeitrag