Pressmitteilung zu den Geschehnissen um den Naziaufmarsch am 03.06.2017 in Karlsruhe

Lediglich
etwa 250 Nazis in Durlach; tausende auf Gegenaktionen; Polizeigewalt
und Einschränkung der Pressefreiheit; Polizei verweigert Anzeige
wegen versuchtem Todschlag

Lediglich
etwa 250 Nazis haben sich zum sogenannten „Tag der deutschen
Zukunft“ in Karlsruhe Durlach eingefunden. Der überwiegende Teil
stammte aus dem Südwesten und Westen der Bundesrepublik.

Christian
Worch, Bundesvorsitzender der Nazipartei „Die Rechte“ war
sichtlich angefressen. Zu wenig Teilnehmer, Einschränkung der Redner
und Ordner hatte vor Gericht bestand und die Teilnehmer hielten sich
nichtmals an die internen Auflagen (Worch selbst auch nicht). Nur
drei Redner durften auf Seiten der Nazis auftreten. Allen anderen
wurde der Auftritt auf Grund von Vorstrafen vewehrt.

Viele
Teilnehmer mussten ihre Tätowierungen abkleben um Strafverfolgungen
zu entgehen. Das Tragen eines T-Shirts von des in Deutschland
verbotenen Terrornetzwerks „Blood and Honour“,  schien für die
Polizei genauso wenig relevant zu sein, wie ein Transparent auf dem
ein Zitat der als kriminelle Vereinigung verbotenen Naziband
„Landser“ prangte. Ein weiteres Transparent auf dem Solidarität
mit dem im NSU-Verfahren angeklagten Wohlschlegel wurde hingegen
untersagt.

Während
der Zwischenkundgebung versuchte eine Gruppe in ein Haus
einzudringen, aus dem Protestmusik gegen den Naziaufmarsch ertönte.
Die Polizei verhinderte dies.

Starker
Gegenprotest

Schon
ab dem frühen Morgen machten sich viele Antifaschist*innen auf den
Weg nach Durlach.

Überall
in der Stadt waren Transparente an Straßen und Häusern zu sehen, um
sich gegen die Nazis auszusprechen. Der Turmberg wurde mit drei
großen Transparenten eingehüllt.

Gut
zweitausend Personen beteiligten sich an der von der Stadt
initiierten Kundgebung vor dem Durlacher Bahnhof mit anschließendem
Aufzug des DGB durch die Innenstadt.

Mehr
als tausend weitere Antifaschist*innen protestierten überwiegend im
nördlichen Teil von Durlach gegen den Naziaufmarsch. Mehrere
Mahnwachen und Spontandemonstrationen zwischen diesen prägten
überwiegend das Bild. Immer wieder tauchten einzelne Nazis und
Kleingruppen von Nazis in der Gegend auf, denen der Zugang zum
Aufmarsch verwehrt blieb, oder die die Konfrontation mit dem
Gegenprotest suchten. Einzelne Versuche auf die Aufmarschstrecke zu
kommen und diese zu blockieren wurden von einem martialischen
Aufgebot der Polizei unterbunden.

Versuchter
Todschlag – Polizei verweigert Anzeige

Zu
einer unschönen Szene kam es am nördlichen Ortseingang  auf der B3.
Dort kontrollierte die Polizei ein mit Nazis besetztes Auto. Trotz
dem Fund von mehreren Waffen, darunter Messer und ähnliche
Gegenstände lies die Polizei diese gewähren. Im Anschluss raste das
Auto mit quietschenden Reifen auf eine Spontanversammlung zu. Nur mit
viel Glück konnte Schlimmeres verhindert werden. Mehrere Personen
erlitten einen Schock und mussten behandelt werden. Die Polizei nahm
diesen versuchten Todschlag billigend in kauf und verweigerte die
Aufnahme einer Anzeige. Der Fahrer und Mitfahrer sind der Polizei auf
Grund der vorhergehenden Kontrolle bekannt.

Polizeigewalt
und Einschränkung der Pressefreiheit

Statt
dessen kam es immer wieder zu Gewaltexzessen gegenüber
Antifaschist*innen. Die Polizei setzte Pfefferspray, Schlagstöcke,
Hunde und Pferde ein. Über hundert Personen mussten von anwesenden
Demosanitätern behandelt werden. Mehr als 30 weitere Personen wurden
auf Grund von traumatischen Erfahrungen von der emotionalen Erste
Hilfe Gruppe betreut werden.

Unvermittelt
wurden mehrmals spontane Aufzüge angegriffen, die zwischen den
Mahnwachen den Ort wechselten.

Auf
Höhe der Turmbergstraße, Ecke B3 schlug ein Polizist unvermittelt
um sich. Die erste Person wurde vom Schlagstock im Gesicht getroffen.
Das besonnene Eingreifen von umstehenden Personen, die weitere
Angriffe mit Fahrrädern und anderen Gegenständen abwehrten ist es
zu verdanken, dass es keine weiteren verletzten gab. Mehrere Familien
mit kleinen Kindern waren in der Situation anwesend.

In
ein leerstehendes Gebäude, welches sich in unmittelbarer Nähe des
Hengstplatzes befindet, drang die Polizei mit Rammbock, Brecheisen
und schwer bewaffnet ein.

Schon
im Voraus verwehrte die Polizei einigen Pressevertreter*innen den
Zugang zur Dokumentation des Naziaufmarsches. Die Begründung, die
Personen nicht ausreichend schützen zu können, mutet auf Grund des
Polizeiaufgebots und der geringen Anzahl an Nazis absurd an.

An
anderen Stellen wurden Fotografen immer wieder von Beamten angegangen
und an ihrer Arbeit behindert.

Fazit

„Die
geringe Teilnehmerzahl der Gegenproteste in der Durlacher Innenstadt
dürfte mitunter auf das im Voraus aufgebauschte Gewaltszenario
zurückzuführen sein. Dieses hat sich am Tag selbst nicht
bewahrheitet.“, so Petra Schwarz, Pressesprecherin der Libertären
Gruppe Karlsruhe.

„Erfreulich
war die große Anzahl an engagierten Antifaschist*innen, die aus
verschiedenen Teilen Deutschlands, der Schweiz und Frankreich
angereist sind.“

„Die
geringe Anzahl an Nazis ist vor allem auf interne Streitereien zurück
zu führen, wobei das antifaschistische Engagement und die Verbote
von Rednern und Ordnern ihr Übriges beigetragen haben.“, so
Schwarz weiter.

„Die
Polizei musste Gründe suchen, um ihr martialisches Aufgebot zu
rechtfertigen. Angriffe auf Antifaschist*innen und die Presse mussten
dafür herhalten. Dass sie bewaffneten Nazis ermöglichte einen
Angriff auf Gegendemonstranten durchzuführen, danach eine Anzeige
verwehrt und nach mehreren Angriffen mit Pfefferspray, Schlagstöcken
und einer Pferdestaffel von lediglich einzelnen verletzten Personen
spricht, ist nicht hinzunehmen.“

„Dennoch
konnte an diesem Tag trotz allen Widrigkeiten ein starkes Zeichen
gegen Naziumtriebe gesetzt werden. Unser Dank geht an alle, die dies
am Tag selbst und in den Monaten davor möglich gemacht haben, wie an
die vielen Durlacher Anwohner*innen, die stets Verpflegung an die
Protestierenden verteilt haben.“

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