Petition – FAU fordert als Teil der Bettellobby: Stoppt Bettelverbot in Dresden!

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Nicht Arme bekämpfen, sondern Armut! Gegen ein Bettelverbot in Dresden
In Dresden wurde in den vergangenen Wochen in Presse, öffentlichen Debatten und im Stadtrat über ein so genanntes Bettelverbot diskutiert. Mitte November soll im Stadtrat eine neue Dresdner Polizeiverordnung verabschiedet werden. Diese sieht weitere Maßnahmen und Verbote für sogenannte Bettler vor. Das Betteln von und mit Kindern soll nun mit einer Strafe von bis zu 1000 Euro belegt werden.

Betteln und Schnorren ist wieder in den lokalen Medien präsent. Bisher ist bereits aggressives Betteln sowie Betteln mit Hund verboten. Ausgangspunkt nun ist die Diskussion zum Betteln mit Kindern. Hierbei entstand der Eindruck, es gäbe kaum ein heißeres Stadtgespräch und schnell wurde Bezug zu zuwandernden Menschen aus Osteuropa und schließlich zu vermeintlichen Sinti und Roma genommen. In Wirklichkeit handelt es sich laut Jugendamt gerade mal um eine Handvoll Familien, die um Almosen in Dresden bitten.

Auch wir wollen nicht, dass Kinder betteln müssen. Die betroffenen Familien befinden sich oft in einer Zwickmühle, die Armut, Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit hervorruft. Wir verweisen lediglich auf ausreichende bisherige Gesetze und Verordnungen. Gerade der Kinder- und Jugendschutz in Deutschland ist ausreichend und braucht keine extra Verordnung.

In den vergangenen Wochen ist die Berichterstattung zum Thema zwar differenzierter und umfassender geworden und nimmt Armut und das Leben auf der Straße konkreter in den Blick. Nichts desto trotz sieht der neue Entwurf der Polizeiverordnung vor, das Betteln von und mit Kindern mit 1000 Euro zu sanktionieren. Diese Sanktion verstärkt Armut und Notlagen.

Alte Vorurteile
Die bettelnden Familien, die uns im Stadtbild begegnen sind mehrheitlich aus Ungarn, der Slowakei und anderen EU Staaten. Das Verbot trifft ausschließlich sie, da sie als Familien anreisen und die Kinder in ihren Aufenthalt auf der Straße integrieren. Die Kommentare unter der Berichterstattung sind menschenverachtend und zeugen von einem tief verwurzelten Rassismus gegenüber der europäischen Minderheit der Roma. Die Familien, die in der Hoffnung auf Arbeit und Auskommen nach Dresden gekommen sind, befinden sich in einer Zwickmühle. Ohne Arbeit keine Wohnung, ohne Meldeadresse keine Kita und Schule.

Manche verdienen ihr Geld erstmal legal auf Baustellen oder in der Gastronomie. Zum Teil werden Einzelne um ihre Löhne betrogen. Manchen bleibt nichts anderes übrig als auf Grund ihrer Armut und Perspektivlosigkeit zu Betteln. Ohne sichere Bleibe bleibt ihnen nur, die Kinder mit zum Betteln zu nehmen. Für viele ist es keine Alternative, die Kinder alleine zu lassen.

Sozial und gerecht geht anders
In unserer Gesellschaft nehmen Armut und Reichtum mehr und mehr zu, dies bestätigt auch der Armuts- und Reichtumsbericht. Eine grundlegende Debatte um Armut, Chancengleichheit und gesellschaftliche Zusammenhänge findet jedoch nicht mehr statt. Armut und Ausgrenzung soll aus dem Stadtbild und so aus der bürgerlichen Sichtweise entfernt werden. Bettelverbote erscheinen somit lediglich als Aufhänger und beruhigen fürs erste die öffentliche Aufregung. Nicht diskutiert wird über Armut, das Recht auf alternative Lebensentwürfe und Kinderarbeit im Zusammenhang mit den Unicef-Kinderrechten. Nicht bedacht werden die Auswirkungen und Folgen, die Verbote wiederum langfristig mit sich bringen. Zudem ist Betteln kein Straftatbestand.

Die neue Polizeiverordnung ist ein weiterer Schritt sozialer Ungleichheit mit einem Verbot zu begegnen und Ausgrenzung zu forcieren. Die bittende Hand tut nichts weiter als auf die eigene Not aufmerksam zu machen. Das Verbot drängt die Not in die Unsichtbarkeit und hilft weder Kindern noch Erwachsenen. Die Linderung der Not in dieser reichen Gesellschaft wäre ein Leichtes.

Wir wollen gemeinsam diese Polizeiverordnung weiter kritisieren und verhindern. Stimmen Sie im Stadtrat gegen die neue Polizeiverordnung!

Für uns geht es nicht nur darum, weitere repressive Einzelverbote zu verhindern, sondern wir brauchen eine humanistische und soziale Stadt, jenseits von Ressentiments, Verboten gegen Andere und Arme. Wir wollen die Armut bekämpfen und eben nicht die Armen.

BettelLobby Dresden

Erstzeichner*innen:

  • Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Dresden
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/ Mobile Jugendarbeit e.V.
  • Bündnis für Straßenkinder in Deutschland e.V.
  • Dr. Markus End, “Gesellschaft für Antiziganismusforschung“
  • Ulli Gladik, Regisseurin „Natasha“, BettelLobby Wien
  • Dr. Tino Heim (Sozialwissenschaftler und Publizist, Dresden)
  • Prof. Dr. Uwe Hirschfeld (Evangelische Hochschule, Dresden)
  • Dieter Jaenicke, HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden, Intendant und Initiator von RomAmoR – eine Hommage an die Roma- und Sintikulturen
  • Gisela Merkel-Manzer, Pfarrerin, Ev.-Luth. Kirchgemeinde Frieden und Hoffnung Dresden
  • Referat „Antidiskriminierung, Migration und Internationales“ der Bildungsgewerkschaft GEW, Landesverband Sachsen
  • Dr. rer. soc. Martin Rudolph (Institut für Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Wohlfahrtswissenschaften, TU Dresden)
  • Sächsischer Flüchtlingsrat e.V
  • Hildegart Stellmacher (Gesellschaft für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit Dresden e.V., evangelische Vorsitzende)
  • Umundu Festival Dresden

Initiiert ist die Petition von der BettelLobby Dresden, einem Netzwerk bestehend aus verschiedenen Initiativen u.a. der Gruppe gegen Antiromaismus, der Treberhilfe Dresden, der gruppe polar, RomaRespekt, Romano Sumnal – Roma-Verein-Sachsen sowie der FAU Dresden.

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