Nationalismus, Rassismus, Abschiebungen? Nicht mit uns! Landesweite Demonstration gegen nationalistische & rassistische Hetze in Karlsruhe

Wir unterstützen die landesweite Demonstration des Antirassistischen Netzwerk BaWü, die am 13. Oktober in Karlsruhe, die unter
dem Motto: „ASYLRECHT VERTEIDIGEN: Gegen nationalistische und
rassistische Hetze! Stoppt den Wettlauf zur Ausgrenzung und Entrechtung!
Gleiche Rechte und ein gutes Leben für Alle!“ statt findet.

Alle Informationen findet ihr unter: http://stop-deportation.de/

Aufruf:

Am 26. Mai 1993 wurde das originäre Asylrecht in Deutschland faktisch abgeschafft.

Der Deutsche Bundestag entkernte mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD
und FDP das aus historischer Erfahrung entstandene Asylrecht des
Artikels 16 GG. Ein Grundrecht worauf sich politisch Verfolgte berufen
konnten. Es folgte der Kahlschlag: Wer über einen sogenannten sicheren
Drittstaat einreist, kann sich nicht mehr auf das Asylrecht berufen.
Sichere Herkunftsländer wurden definiert. Geflüchtete werden
kategorisiert.

25 Jahre später will die EU den Zugang zum Recht auf Asyl und Migration in Europa systematisch verhindern.

Wer an den Grenzen der EU um Asyl bittet, soll zurückgeschickt
werden, ohne dass die Fluchtgründe überhaupt inhaltlich geprüft wurden.
Der Flüchtlingsschutz soll verstärkt auf ’sichere‘ Drittstaaten
außerhalb der Europäischen Union verlagert werden. Wer aus solch einem
Staat einreist, soll dorthin zurückgeschoben werden. Schwere
Menschenrechtsverletzungen in Drittstaaten wie z.B. in Libyen, werden
bereits heute bewusst in Kauf genommen und verschwiegen. Weiterhin soll
es in Zukunft irrelevant sein, wie die Flüchtlinge in dem Drittstaat ihr
Leben fristen: Weder das Recht auf einen legalen Wohnsitz, noch auf
Familiennachzug, noch auf Zugang zum Arbeit und Existenzsicherungsmarkt
sollen garantiert sein. Schutzsuchende werden in Lagern isoliert.

Ob »Hotspot« an der Außengrenze der EU oder »AnKER« in Deutschland
(Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentrum), Geflüchteten wird
ihre persönliche Freiheit genommen. In Haft- und Massenlagern gibt es
für Geflüchtete keinen Zugang zu fairen Asylverfahren, anwaltlicher
Beratung und effektivem Rechtsschutz. Das was heute in der
Migrationspolitik Realität ist, entspricht der Programmatik der extremen
Rechten.

Warum demonstrieren wir in Karlsruhe?

Ziel unseres Protestes ist die Landesregierung und ihre Verwaltungen,
im Besonderen das Regierungspräsidium Karlsruhe als zentrale Ausländer-
und Abschiebebehörde von Baden-Württemberg. Ihre Politik hat über die
Jahrzehnte zum massiven Abbau von Rechten für Migrant*innen und
Geflüchtete beigetragen. Am 15. September 1980, hat die
baden-württembergische CDU-Landesregierung die ersten Massenlager in
Deutschland eingerichtet und erstmals Arbeitsverbote, Einschränkung der
Bewegungsfreiheit, Leistungssenkungen, Sachleistungen und die
Residenzpflicht eingeführt. Für den damaligen CDU-Ministerpräsidenten
Lothar Späth hatten die „Asylanten-Sammellager“ die Funktion einer
„Abschreckung“.

Damals wie heute lehnen wir diese Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen in Massenlagern ab.

Alles begann in der ersten Zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge
(ZASt) in Karlsruhe, die für das zuständige Regierungspräsidium
Karlsruhe (RP) zum Experimentierfeld wurde. Unter der administrativen
Regie des RPs wurden diese „Abschreckungsmaßnahmen“ umgesetzt und später
bundesweit eingeführt. In Karlsruhe wurden auch Asyl-Schnellverfahren
in „Bezirksstellen für Asyl“, die heutigen Vorbilder für die geplanten
AnKER-Zentren und die Landeserstaufnahmeeinrichtungen, entwickelt.

Seit 2008 ist das RP die zentrale Abschiebebehörde für
Baden-Württemberg. Es organisiert u.a. die Abschiebeflüge, ordnet die
Polizeieinsätze zur Vollstreckung der Abschiebemaßnahmen und
Zwangsvorführungen bei Botschaften zur Beschaffung von
„Rückführungsdokumenten“ an. Zwischen Juli 2014 und Mai 2018 wurden mehr
als 2.000 Kinder unter 14 Jahre und in den letzten drei Jahren 6.674
Personen aus sicheren Lebensverhältnissen und teilweise langjährigem
Aufenthalt vom Baden-Airpark abgeschoben. Im Januar 2018 wurde eine
Familie nach 25 Jahren aus Wolfschlugen und eine Mutter im Mai 2018 nach
27 Jahren Aufenthalt aus Schömberg abgeschoben.

Das RP entscheidet über die Akzeptanz ärztlicher Gutachten zur
Feststellung der Reisefähigkeit. Selbst Personen mit schweren
Erkrankungen (Tumor, Leukämie, etc.) sind davon betroffen. Das RP ist
für die Beantragung von Abschiebehaft zuständig und schiebt auch nach
Afghanistan ab. Die Behörde übt vielfältigen Druck auf Geflüchtete aus,
an ihrer eigenen Abschiebung mitzuwirken. Wer nicht mitmacht wird mit
Arbeitsverbot, Leistungskürzungen und räumlichen
Aufenthaltsbeschränkungen bestraft.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist die unsichtbare Behörde hinter
den sichtbaren Vollstre­ckern dieser Maßnahmen, wie z.B.
Ausländerbehörden und Polizei. Die Abschiebemaschinerie ist
menschenverachtend.

Wir erleben seit den Beschlüssen der Landesregierung vor fast 40
Jahren einen massiven Abbau der Flüchtlingsrechte. Dies wurde über eine
ausgrenzende und diskriminierende Massenlagerpolitik erreicht, die
vornehmlich den Interessen einer Abschiebepolitik dienen. Mit den neuen
Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Freiburg, Sigmaringen, Ellwangen,
Giengen, Tübingen, Karlsruhe, dem Registrierzentrum in Mannheim und dem
Abschiebegefängnis in Pforzheim wird diese Politik fortgeführt.
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen haben diese spezielle Lager- und
Abschiebehaftpolitik schon immer abgelehnt. Mit zahlreichen Aktionen
haben Geflüchtete in den Lagern gegen das repressive System und
Abschiebungen protestiert. Sammellager, insbesondere Landessammellager
und Abschiebegefängnisse müssen geschlossen werden.

Wir fordern die sofortige Abschaffung des „Dublin-Regimes“ und des
Systems der angeblich „sicheren“ Drittstaaten und Herkunftsländer!

Fast jede Woche gibt es aus Regierungskreisen neue Vorschläge für
eine noch effektivere Flüchtlingsab­wehr und Migrationskontrolle.
Aktuell wird von staatlicher Seite eine weitere Militarisierung des
Grenzregimes gefordert. Damit soll Menschen die Möglichkeit entzogen
werden, Arbeit, Schutz und ein besseres Leben durch Migration zu finden.
Die reichen Länder des „Nordens“ schotten sich ab. Diejenigen, die
Verelendung, Armut, Kriegsfolgen, Klimakatastrophen entfliehen wollen,
sollen ferngehalten bzw. in ihren Herkunftsländern festgehalten werden.
Unter kapitalistischen wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Nützlichkeit
erhalten lediglich ausgewählte Personengruppen eine Einreiseerlaubnis.
Die Einforderung des Rechts auf Bewegungsfreiheit, Lebensperspektive
oder einfach nur Überleben wird den Menschen aus den durch
Kolonialismus, Ausbeutung der Rohstoffe und Freihandelsabkommen
ausgebeuteten Ländern des Südens verwehrt. Es wird als Angriff auf
unsere Sozialsysteme, „Werte“ und Lebensstandard umgedeutet. Wenn von Menschenrechten die Rede ist, gilt dies offensichtlich nur für einen Teil der Menschheit. Wir dürfen nicht länger über die Verhältnisse anderer leben. Alle Ausländer–Sondergesetze müssen deshalb abgeschafft werden.

Wir können uns in der aktuellen Situation nicht damit begnügen nur
gegen erneute Verschlechterungen anzukämpfen. Zehntausende Tote im
Mittelmeer, verzweifelte Menschen in den Auffanglagern auf den
griechischen Inseln, Menschenhandel und Folter in den Lagern in Libyen:
Nicht in unserem Namen! Wir schauen nicht weg!

Wir werden uns der rassistischen Politik der Ausgrenzung von
Geflüchteten und Migrant*innen und der Abschiebemaschinerie
entgegenstellen. Es gab schon immer Migration und es wird sie auch
weiterhin geben.

Wir fordern den Stopp aller Abschiebungen und ein sicheres und
unbefristetes Bleiberecht für alle mit vollen sozialen und politischen
Rechten. Streiten wir gemeinsam für eine Welt ohne Grenzregime, eine
Welt in der nicht der Profit sondern die Bedürfnisse der Menschen im
Mittelpunkt stehen, eine Welt ohne Ausbeutung und Rassismus. Fangen wir
an solidarische Zufluchtsstädte zu schaffen in denen es keine Spaltung
zwischen Menschen mit und ohne Aufenthaltsrecht gibt, in denen die
Freiheits- und sozialen Rechte Aller garantiert werden.

Schließt euch unserem Protest an! Verteidigen wir eines der wichtigsten Grundrechte!
Mischen wir uns eine, wenn Menschen in Massenlagern die
Selbstbestimmung abgesprochen und in die Freiheit der Person eingriffen
wird.
Gegen institutionellen Rassismus, Sammellager und das unmenschliche Abschieberegime!
Globale Bewegungsfreiheit ist unser Ziel! Solidarity4all!

Zum Originalbeitrag