Erfahrungsbericht: Die armen Kinder…

…sind hier. Diese vorweihnachtliche Erkenntnis habe ich heute morgen auf der Familienkasse Karlsruhe erfahren. Das Bedauern gilt wieder einmal mehr den öffentlichen Verwaltungseinrichtungen des Bundes.

 

Familienkasse Karlsruhe Schalter

Impressionen der Familienkasse KarlsruheFamilienkasse KA Spielzeug 1

Eher eine Verletzungsgefahr.
Alles andere würde nur geklaut…

 

Das Kundencenter der Familienkasse an sich, vornehmlich zuständig für Kindergeld und Kinderzuschlag, versteckt sich hier in Karlsruhe nahezu, in einem ausgedienten Bürokomplex der Postbank: Eine DIN-A3-Schwarzweißkopie im guten alten Arbeitsamtstil verkündet den Eingang im Obergeschoss, sofern man die gut gesicherte Pforte unten als Hürde genommen hat. Zwei alte Bürotische, eine lange Schlange an Wartenden, die Nummern nicht elektronisch, sondern von der Rolle. Ich bin dieser Sparsamkeit in der öffentlichen Verwaltung äußerst positiv gegenüber eingestellt. Wäre da nicht ein gewisses Unbehagen von Seiten der geforderten zwei Kundenberater_innen ausgegangen. Antragsformulare für Kinderzuschlag lägen absichtlich nicht aus, „sonst würde ja jeder einen Antrag stellen, der gar keinen Anspruch hat“. Verwundert reihe ich mich mit meinem Nachwuchs in die Wartenden ein. Ist es nicht Aufgabe der Behörde und Sinn eines Antrags, Anspruchsvoraussetzungen zu klären? Nun ja, dies geschehe hier eben persönlich. Im Internet seien die Formulare übrigens aus diesem Grund ebenfalls nicht zu erhalten. Da könnte ja jeder kommen! Warten wir also in der Spielecke. Oh, Spielecke? Die sieht hier so aus:

Familienkasse Spielecke 1

…so leer wie die Kassen?

Mein Nachwuchs? Noch zu klein und gut gelaunt, um darüber enttäuscht zu sein. Zweifel beschleichen mich erneut: War ich doch falsch in der Annahme, eine Familie bestünde auch aus Kindern? Oder ist mein Erlebnis hier bezeichnend für etwas, was das Verhältnis von Staat und Gesellschaft seit Langem hier ausmacht? Die Innenstadt wird zunehmend rausgeputzt, mir scheint allgemein nicht, dass auf den Entscheidungsebenen selbst zu wenig Geld da wäre. DIE wenig haben, sind weiterhin faul, und WIR verdienen auf jeden Fall noch etwas mehr als DIE (und wenn ich für Jobcenter und sonstige Ämter am Schalter sitze gehöre ich auf jeden Fall zu WIR). Zu WIR Deutschen womöglich oder WIR Mittelklasse. Auf jeden Fall scheinen DIE irgendwas zu wollen. Dabei wünsche ich mir folgende Einsicht unter meinen Mitmenschen: Sozialleistungen sind nicht verwerflich und nicht peinlich, sie sind DAS MINDESTE, was dieser Staat seiner Haupteinnahmequelle, den ihn bewohnenden Menschen, im Gegenzug schuldig ist. Und zwar allen, nicht nur den formal-bürokratisch ansässigen sog. Bürgern.

(Der Text repräsentiert die persönliche Meinung der Autorin nach ihren gestrigen Erlebnissen auf dem Amt und nicht zwingend der FAU Karlsruhe. Die Autorin, Mitglied der FAU Karlsruhe, nimmt sachdienliche Hinweise, warum die Familienkasse an die Agentur für Arbeit angegliedert ist, gerne entgegen!)

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