englische anarchist_innen nach rückkehr aus saint-imier in heathrow vorübergehend inhaftiert

während der letzen woche kamen tausende anarchist_innen aus europa in saint-Imier, schweiz, zusammen, um das 140. jubiläum der gründung der anarchistischen internationalen zu feiern. das treffen hatte die form eines festivals und einer bildungsveranstaltung mit musik, filmen, unterhaltung, ebenso mit workshops und diskussionen.

bei der rückkehr vom treffen in saint-imier wurden zwei anarchist_innen, einer von ihnen ist mitglied der anarchistischen föderation großbritannien, für nahezu zwei stunden am londoner flughafen heathrow vom so15 (terrorismusbekämpfung) in gewahrsam genommen. während der ingewahrsamnahme wurde den anarchist_innen gesagt, dass ihre normalen rechte keine gültigkeit hätten. ihre namen, adressen, emailadressen, dna und fingerabdrücke wurden genommen. die in gewahrsam genommenen anarchist_innen wurden auch gezwungen, verzichtserklärungen zu unterschreiben – legal oder nicht legal – betreffend ihr recht zu schweigen und ihr recht auf einen rechtsbeistand. die polizei führte auch eine gründliche durchsuchung des persönlichen besitzes durch, fotokopierte literatur und ausweise und entnahm informationen von telefonen und kameras.

während der ingewahrsamnahme beschuldigte die polizei ständig die anarchist_innen zu lügen in bezug auf ihre beteiligung an kriminellen aktivitäten und behauptete, dass sie weitere polizeiaktionen gegen eine_n der in gewahrsam genommenen anarchist_innen durchführen würden. zusätzlich stellten so15-offizier_innen eine reihe von provokanten, irrelevanten und beleidigenden fragen, einschließlich „was würden sie tun, wenn jemand ihre mutter vergewaltigen würde?“. augenscheinlich taten sie dies, um einen gefühlsausbruch und strafbare, wütende oder gewalttätige antworten zu provozieren. ein mitglied (28), das aus angst vor polizeirepressionen nicht namentlich genannt werden möchte, sagte: „wir wurden wie kriminelle behandelt. ich sagte ihnen, dass ich zum kongress ging, weil ich amateurjournalist bin und artikel über aktivismus schreibe. sie sahen mein notebook, meine kamera und mein diktiergerät, aber sie sagten, ich würde lügen. ein_e offizier_in sagte: „sie sagten, dass sie ein_e anarchist_in seien. ich habe anarchist_innen in den nachrichten gesehen. sie sind gewalttätig, werfen molotovcocktails und stören den alltag der leute. sie schreiben keine artikel.“

die terrorismusbekämpfungsoffizier_innen wussten nichts davon oder entschieden sich dazu es zu ignorieren, dass während des ersten tages des treffens, die internationale der anarchistischen föderationen (bei der die anarchistische förderation großbritannien mitglied ist) eine stellungnahme veröffentlicht hatten, die alle terroristischen taktiken, um eine anarchistische gesellschaft zu erreichen, ablehnt.

im gegensatz zu den britischen sicherheitskräften berichteten die lokale presse und die einwohner_innen von saint-imier sehr positiv über das anarchistische treffen.

mit diesem zwischenfall sehen wir einen weiteren ruck richtung politischer polizeiarbeit und der kriminalisierung politischer weltanschauungen. die zwei in gewahrsam genommenen anarchist_innen waren nie in irgendeine illegale oder gewalttätige aktion involviert oder in irgendeine aktion, die die terrorabwehr betreffen würde.

wie in der vergangenheit, als die londoner polizei die menschen dazu aufrief, informationen über örtliche anarchist_innen weiterzugeben („anarchist_innen sollten gemeldet werden, ermahnt die westminster antiterrorpolizei“ | uk news | the guardian), erlitten anarchist_innen schikane für ihre politische überzeugung.

als klassenkämpferische anarchist_innen glauben wir, dass der staat wenig tut, außer den interessen der reichen und mächtigen zu dienen auf kosten der normalen leute. dies tritt klar zu tage, wenn menschen, die kritische ansichten in bezug auf den staat vertreten, wie kriminelle und terrorist_innen behandelt werden. wir wollen eine klassenlose gesellschaft schaffen, die auf freiheit, gleichheit und kooperation basiert. wir glauben an die fähigkeit der normalen leute, die gesellschaft selbst zu verwalten ohne die einmischung durch bosse und politiker_innen. dieser zwischenfall war keine reaktion auf irgendein verbrechen. er zeigt die unterdrückung und kriminalisierung einer politischen überzeugung.

www.afed.org.uk

anmerkungen:
anarchsimus ist eine politische philisophie, die versucht eine gesellschaft der gleichen, in der gegenseitige hilfe, kooperation, und direkte demokratie den kapitalismus und den staat ablösen, zu errichten.
der kongress in saint-imier war ein treffen von anarchist_innen aus der ganzen welt, um das 140. jubiläum des ersten treffens der anarchistischen internationalen in der schweizer stadt saint-imier im jahr 1872 zu feiern.
die anarchistische föderationist eine föderation von anarcho-kommunist_innen in großbritannien, die eine gesellschaft der gleichen errichten will.

[die englische originalversion dieses textes findet ihr hier.]

Zum Originalbeitrag