ein garten für alle: „bread homes sharing garden“ auf den philippinen, teil 2
mehr als ein jahr ist seit dem ersten interview mit kinabuhi vom bread homes sharing garden (bhsg) in davao city auf den philippinen vergangen. ging es dabei hauptsächlich um seinen persönlichen aktivismus, um die hintergründe des projektes und die anfangsschwierigkeiten, sollen hier nun die entwicklung des gartenprojekts der letzten monate beleuchtet, fortschritte und rückschläge aufgezeigt und einen ausblick auf die zukunft gewagt werden. meine interviewpartnerin heißt freeda.
hallo freeda. erstmal will ich dir dafür danken, dass du dir die zeit nimmst, um meine fragen zu beantworten. erzähl doch mal ein bischen was von dir und deiner politischen arbeit.
ich bin eine der koordinator_innen des bhsg-projekts. bis vor vier jahren hatte ich mit politischem aktivismus noch nichts zu tun. einer meiner freunde, kinabuhi, lud mich in deren infoladen und leihbücherei ein. ich mochte den ort und die idee, etwas für das gemeinwesen und die bewegung zu tun. daher entschloss ich mich dazu, mit dem kollektiv zu leben, ihre kampagnen und den politischen aktivismus zu unterstützen. ich erkannte, wie wichtig das war. dadurch erweiterten sich meine politischen ansichten und perspektiven auf verschiedene dinge.
wie bist du zu bhsg gestoßen und was sind deine beweggründe, nahrungsmittel selbst anbauen zu wollen?
ich und kinabuhi hatten den wunsch, auf einem biologisch bewirtschafteten hof zu arbeiten, der das gemeinwesen über einen langen zeitraum oder sogar für immer unterstützt. wir beide planen alles für bhsg, erstellen programme und arbeiten an kampagnen, die das projekt unterstützen sollen. einiges davon wird dieses jahr noch anlaufen. ich wollte meine eigenen nahrungsmittel anbauen, weil ich nicht mehr von konzernen und landwirt_innen abhängig sein wollte, die pestizide, fossile brennstoffe, genmanipuliertes saatgut von monsanto und schädliche chemikalien benutzen. und ich bin gern teil einer gemeinschaft, die an lösungen für eine bessere gegenwart und zukunft arbeitet.
der bhsg exestiert nun seit ca 1,5 jahren. wie hat er sich in den letzten monaten entwickelt? gab es rückschläge und fortschritte?
ja, es gibt so viele fortschritte, was das persönliche lernen, kulturelle einflüsse und kreativität angeht. einige unserer nachbarn und netzwerke haben seither die wichtigkeit des anbaus von biologischen lebensmitteln und aktivitäten des gemeinswesens erkannt. auch wenn die meisten sich nicht so ohne weiteres von der matrix des kapitalistischen herr-sklave-paradigmas freimachen können, beginnen sie nun dinge zu hinterfragen und das gärtnern als eine lösung des hunger- und umweltverschmutzungsproblems anzusehen. wir teilten die letzte ernte mit allen helfer_innen, aber es war nie genug, um alle beteiligten nachbar_innen zu ernähren. das liegt unter anderem an der schlechten bodenqualität. darum haben wir zeitweise gar nichts mehr angebaut. aber während wir in einem teil des gartens gemüse anbauten, düngten wir die anderen teile mit kompost. wir kompostieren auf traditionelle art und weise, indem wir zum beispiel bananenschalen, kuhmist und andere organische stoffe in den boden einbringen. darum haben wir nun endlich genug gute erde, um wieder anfangen zu können. ich und kinabuhi sind immer noch die aktivsten im projekt – vom gärtnern über’s bloggen und vernetzen bis hin zum gelder auftreiben. manchmal ist es auch für uns schwer, uns auf eine sache zu konzentrieren. unser kollektiv arbeitet auch zu anderen themen, wie zum beispiel unsere ku free school und ganz besonders das food freedom projekt, das eine große kampagne zur informtion über aspartame, monosodium glutamat, fluoride und gentechnisch veränderte lebensmittel unterstützt hat und eng mit bhsg verbunden ist. um ehrlich zu sein suchen wir eine ausreichende finanzielle unterstützung, damit wir keiner lohnarbeit nachgehen müssen und wir uns stattdessen auf unsere projekte konzentrieren können, die wichtiger und bedeutungsvoller sind.
eine idee, des bhsg war ja, die nachbarschaft zu motivieren und sie für die mitarbeit im projekt zu gewinnen. haben diese idee und eure bemühungen früchte getragen?
da gibt es so viele dinge, denen wir uns stellen müssen. das wichtigste aber ist, wie wir die saat erfolgreich zum wachsen bringen und wie wir daraus neues saatgut gewinnen können. es ist nicht einfach, das saatgut zum keimen zu bringen, da die böden sehr nährstoffarm sind. vielleicht ist das einer der gründe, warum wir keine ständigen helfer_innen haben: sie fühlen sich durch die situation nicht inspiriert. wir ermutigen unsere nachbar_innen und freund_innen ständig dazu, sich am projekt zu beteiligen und die meisten verstehen die wichtigkeit des gartenanbaus und die gefahren des konsums von chemisch behandelten lebensmitteln aus dem supermarkt. aber bis jetzt fällt es ihnen nicht leicht, sich an aktionen zu beteiligen, da sie alle arbeiten gehen müssen, um ihre familien zu versorgen. wir selbst haben keine kinder, die wir ernähren müssen und darum haben wir mehr zeit. aber das heißt nicht, dass wir aufgeben. wir wissen ja, dass sie die wichtigkeit des projektes erkannt haben. und immer wieder lernen wir leute kennen, die an gemeinschaftsgärten und biologischem landbau interessiert sind. zur zeit helfen wir freund_innen in bislig, surigao (eine vier stunden fahrt von davao city entfernt), einen gemeinschaftsgarten zu starten. hoffentlich finden wir auch gruppen, die daran interessiert sind, sie auf irgendeine art und weise zu unterstützen.
weltweit gewinnt die idee des community gardening immer mehr anhänger_innen. wie sieht es bei euch in davao citiy und den philippinen aus? gibt es noch mehr gärten?
es gibt nichtregierungsorganisationen, die biologischen landbau betreiben, aber sie haben ein anderes konzept von gartenanbau und gemeinschaft. herkömmliche nichtregierungsorgani-sationen haben nichts mit horizontalen, anarchistischen strukturen gemeinsam. sie sind hierarchisch orientiert und bhsg will genau diese art von system entlarven. es gibt auch einige wenige gemeinschaftsgärten, die von der örtlichen regierung betrieben werden, aber die sind wirklich schrecklich und immer noch auf kapitalistische ziele ausgerichtet. im moment gibt es hier in davao kein projekt, das bhsg ähnelt. aber wir sind zuversichtlich, dass sich das ändern wird. ich weiß, dass wir viele menschen hier inspirieren können.
der bhsg ist ja nur ein kleiner teil eurer politischen infrastruktur, die ihr gemeinsam mit anderen aktivist_innen am leben erhaltet. kannst du uns etwas zu diesem netzwerk erzählen?
unser netzwerk besteht aus verschiedenen individuen. einige sind künstler_innen, facharbeiter_innen, lehrer_innen, schriftsteller_innen und musiker_innen. die meisten von ihnen sind keine expliziten anarchist_innen, aber haben ähnliche politische ansichten. einige sind anarchist_innen, die sich nicht mehr so bezeichnen, aber immer noch – politisch und intelektuell – der idee anhängen. diese leute helfen uns in einigen unserer projekte, können aber nicht ihre ganze zeit opfern, weil sie jobs haben müssen, um ihre familien zu ernähren. unsere kerngruppe besteht aus nur sieben leuten und wir arbeiten an verschiedenen projekten. wir unterstützen uns gegenseitig darin, die leihbücherei, den garten, die freie-schule-aktivitäten (filmaufführungen, diskussionen über texte aus zines und büchern, etc.), kampagnen gegen bergbau und genmanipulation, kulturelle, literarische und andere politische treffen aufrechtzuerhalten.
drei unsere genoss_innen arbeiten sehr hart zum thema bergbau. das projekt heißt undangon ang mina network (stop mining network). ich und kinabuhi arbeiten daran, biologischen landbau und radikale gesundheitsfürsorge bekannter zu machen, das gemeinwesen durch alternative aktivitäten zu stärken und die leute auf den einfluss der massenmedien aufmerksam zu machen.
am 3. dezember 2012 wurden die philippinen und besonders auch die region um mindanao von einem außergewöhnlich starken taifun, genannt „pablo“, getroffen. wie hat sich das auf eure arbeit ausgewirkt?
der letzte taifun hier war eine große katastrofe. ich habe an einem ort mitgeholfen, wo menschen mit buchstäblich nichts zurückgeblieben sind. es war sehr traurig. manche sagen, der sturm sei künstlich durch wettermanipulation erzeugt worden, da dort ein großer us-konzern, der genmanipulierten mais verkauft, eine plantage errichten will. aber das ist nicht bestätigt. jedenfalls ist die gegend dort drei bis vier stunden von mindanao city entfernt. der sturm hat uns also nicht direkt betroffenen, aber ist zu einem unserer arbeitsfelder geworden. wir opfern immer noch zeit, um den opfern dort zu helfen. wir organisieren monatlich veranstaltungen, um spenden für sie zu sammeln. im februar organisiert unser kollektiv ein weiteres soli-konzert für die taifun-opfer mit einem besonderen auftritt von keith mchenry, dem mitbegründer von food not bombs. davor wird er mit verschiedenen politischen gruppen sprechen. darum ist unser kollektiv zur zeit sehr damit beschäftigt, alles vorzubereiten und leute einzuladen.
mit schuld an den verheerenden auswirkungen des sturms scheint auch die radikale abholzung der regenwälder auf den philippinen zu sein, wodurch der sturm „leichtes spiel“ hatte. wie siehst du das?
ja, das ist einer der hauptgründe. diese zerstörerischen aktivitäten – bergbau, waldrodung, der bau von firmenunterkünften und riesige monokulturplantagen – sind hier in mindanao sehr verbreitet. aktivist_innen, die dagegen kämpfen, werden aufgehalten oder sogar getötet. hier sind einige beispiellinks:
bergbaukonzerne:
http://unitedmedianetwork.wordpress.com/the-corporations/
ermordung von aktivist_innen:
http://www.mindanaoexaminer.com/news.php?news_id=20121030021620
wir waren zusammen mit unseren genoss_innen und anderen gruppen in den betroffenen gebieten. wir sahen die vom sturm zerstörten häuser, straßen und stromleitungen. manche menschen haben sogar ihre familien verloren. wir waren dort, um zu kochen und unsere lebensmittel mit ihnen zu teilen. sie kämpfen immer noch.
im herbst 2012 waren philippinische anarchist_innen aus manila auf einer infotour durch deutschland und berichteten von ihrer situation, geschichte und ihren kämpfen. wie schätzt du die anarchistische szene auf den philippinen ein und zählst du den bhsg und eure anderen projekte dazu?
die anarchistische bewegung auf den philippinen ist nicht wirklich groß. aber in manila gibt es gruppen, die zur zeit sehr aktiv sind. sie organisieren treffen, proteste, engagieren sich in der bildung und mischen bei direkten aktionen in den gemeinden mit. einige von ihnen waren vor einem monat hier und sind gute freund_innen von uns. sie waren es auch, die keith mchenry und andere anarchist_innen zu einem treffen im märz eingeladen haben. hier ist eine ihrer websites: http://ebinfoshop.surestepintegral.com
ich sehe bhsg als eine anarchistische infrastruktur. durch diese einfache sache, verbreiten wir die ideen der gleichheit, der gegenseitigen hilfe und der direkten aktion. wir lassen es nicht zu, dass daraus ein hierarchisches, authorititäres und bürokratisches projekt wird. wir stellen uns gegen patriotismus, nationalismus und politische parteien, indem wir die idee der befreiung verbreiten. wir machen radikale musik, politische kunst, leben in kommunen und kämpfen für die revolution. dadurch verbreiten wir ganz einfach die idee des anarchismus. danke!
freeda, ich danke dir für das interview.
wer mit bread homes sharing garden in kontakt treten oder das projekt auf irgendeine art und weise unterstützen will, kann dies über diese email-adresse tun:
mettaforces “at” gmail “dot” com
fotos und berichte über den stand des projektes finden sich auf dessen blog: http://breadhomessharinggarden.blogspot.com/
am sonntag, den 7. april, findet ab 11 Uhr im alarmraum in offenburg ein veganer soli-brunch für bhsg statt.
(das interview wurde im februar 2013 per email geführt. weder der interviewer noch die interviewte sind englische muttersprachler_innen. daraus ergibt sich eine stellenweise holprige übersetzung …)