Die Entwicklung der Föderation
(Im folgenden ein Text zum Werdegang der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA), in welcher auch die libertäre Gruppe Karlsruhe föderiert ist.)
Ein Update seit dem Frühjahr 2013
vom Öffentlichkeitsreferat der FdA
Entwicklung der Struktur
Zunächst ein paar Worte zur Entwicklung der Föderation in Bezug auf die Mitglieder. Das Interesse an der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) wächst spürbar weiter. In den letzten drei Monaten sind drei neue Gruppen zu uns gestoßen: im April die Anarchistische Gruppe Östliches Ruhrgebiet (Teil der Anarchistischen Föderation Rhein-Ruhr, AFRR) und die Intiative Anarchistische Föderation Nord (IAFN), im Mai dann die Anarchosyndikalistische Jugend (ASJ) Bonn.
Doch es gab nicht nur Zuwächse zu vermelden: Im Mai 2013 löste sich nach 8-jähriger Existenz und sehr starkem Engagement in ihrer Region die antinationale.org (früher Antinationale Offensive Saar, ANO) auf. Mehr zu den Gründen der Auflösung und den Perspektiven im Saarland könnt ihr hier nachlesen.
Momentan sind also ca. 27 Gruppen Mitglied in der Föderation. Doch um Zahlenspielereien geht es uns nicht. Interessiert sind wir vor allem an einer gegenseitigen Unterstützung und Kooperation der Gruppen (sowohl über die Föderation als auch losgelöst davon). Und diese Möglichkeiten potenzieren sich mit einer breiten Basis. Zurzeit hadern wir allerdings noch ein wenig mit der Einbindung aller Gruppen in die Strukturen. Selbstverständlich gibt es Gruppen (und Individuen darin), die mehr oder weniger an föderativen Strukturen interessiert sind. Das finden wir nicht weiter problematisch, weil die Autonomie der Gruppen das bestimmende Element unserer Föderation ist – und es damit jeder Gruppe und jedem Individuum darin freigestellt ist, in welchem Maße, sie die föderativen Strukturen nutzen wollen – oder eben nicht.
Um es anderen Gruppen und Initiativen (besonders aus dem nicht-klassischen Politgruppenspektrum), die zwar an der Föderation interessiert sind, jedoch von einer klassischen Mitgliedschaft überfordert wären, ein Mitwirken zu ermöglichen, haben wir ein neues Kooperationsmodell entwickelt. Mit diesem möchten wir im kommenden Jahr ein wenig experimentieren, um mehr Synergieeffekte zwischen unseren Projekten zu erzeugen: die “assoziierten Projekte”.
Hier eine kurze Vorstellung des Modells:
Die Grundidee besteht darin, dass Gruppen und Intiativen zwar nicht Mitglied werden, aber dennoch eine enge strulturelle Bindung eingehen, wodurch der Informationsfluss, der zur Kooperation oft sehr förderlich ist, dennoch zustande kommt.
Assoziierte Projekte sind enge (aber nicht exklusive) Kooperationspartner der FdA. Beispielsweise arbeiten sie gemeinsam an bestimmten Projekten. Sie sind nicht an den Entscheidungsstrukturen beteiligt. Sie werden auf der FdA-Webseite als “assoziiertes Projekt” geführt und werden zu allen FdA-Treffen eingeladen – mit Gaststatus. Assoziierte Projekte unterstützen die Föderation finanziell mit einem Beitrag von mindestens 30 Euro im Jahr. Sie schicken, nach Möglichkeit, zu jedem FdA-Treffen einen Bericht über ihre Aktivitäten.
Konkret soll das Ganze folgendermaßen funktionieren:
Die assoziierten Projekte bestimmen eine Person aus ihrer Mitte, die als Kontaktperson zur FdA fungiert. Diese Person hat folgende Aufgaben:
- Einbringen von Themen, die für die FdA oder ihre Mitgliedsgruppen interessant sein könnten
- Zurücktragen von Themen aus der FdA in das eigene Projekt (inkl. den Gruppenberichten)
Das Referat für Organisation ist wiederum dafür verantwortlich, assoziierten Projekten passende Informationen aus der FdA zukommen zu lassen bzw. die Informationen aus den assoziierten Projekten in die FdA einzubringen (idealerweise direkt an interessierte Mitgliedsgruppen weiterzuleiten).
Die einzigen “Pflichten”, die assoziierte Projekte haben, sind neben dem jährlichen Beitrag die Bestimmung einer Kontaktperson und das Verfassen regelmäßiger Berichte über ihre Aktivitäten. Alles weitere sind Angebote, die in Anspruch genommen werden können, aber nicht müssen. Assoziierte Projekte werden auf diese Weise niederschwellig eingebunden und können später, bei Interesse, die Zusammenarbeit intensivieren und auch eine vollständige Mitgliedschaft in der FdA beantragen.
Solltet ihr Interesse haben, meldet euch einfach unter fda-organisation/at/riseup(.)net. Welche Synergieeffekte erzeugt werden können, könnt ihr im nächsten Abschnitt erfahren.
Entwicklung der Aktivitäten
Im März wurde die FdA eingeladen, an einer Veranstaltungsreihe zur Einführung in den Anarchismus in Cottbus teilzunehmen. Drei Genoss*innen stellten dort unser föderatives Konzept vor und führten dann lange Gespräche über diverste Fragen anarchistischer Theorie und Utopie mit den Anwensenden.
Im April koordinierten wir den deutschsprachigen Teil einer 2,5-monatigen Info- und Soli-Tour von Genoss*innen aus Weißrussland durch Westeuropa, die am 26. April ihren Abschluss in Berlin fand. Dazu brachten wir Plakate und Flyer für alle acht Veranstaltungsorte heraus. Wichtig war uns, auch Gruppen außerhalb der FdA-Strukturen miteinzubeziehen, was mit den Veranstaltungsorten in Nürnberg (FAU Nürnberg), Leipzig (ASJ Leipzig) und Finsterwalde (Organisierte Anarchist*innen Finsterwalde) auch gut gelang. Besonders erfreulich war, dass sich das Autonome Zentrum in Wuppertal spontan den Solibemühungen anschloss und selbständig ein Soli-Event abhielt!
Eine Station auf der Tour, aber ebenfalls ein Event, das in großem Maße durch FdA-Strukturen unterstützt wurde, war die Buchmesse in Mannheim vom 19.-21. April. Auch hier unterstütze die FdA die Organisator*innen sowohl logistisch, personell während der Messe, aber schließlich auch inhaltlich in Form von Vorträgen bzw. Diskussionsrunden (mit einem Vortrag zur “Anarchistischen Bewegung heute in der BRD”, einem zweisprachigen Vortrag zur “Anarchistischen Bewegung in der Türkei und in Kurdistan”, einer Buchvorstellung von “Kurze Weltgeschichte des Faschismus” und einer Diskussionsveranstaltung zur Gaidao und zu systempunkte.org). Die Gaidao unterstützte die Buchmesse zusätzlich mit der Herausgabe einer Sonderausgabe, die gleichzeitig als Programmheft für die Messe fungierte. Nicht zuletzt sorgte eine Kooperation zwischen der Anarchistischen Gruppe Mannheim, als Veranstalterin der Buchmesse, und dem Anarchistischen Radio Berlin dafür, dass ca. 2/3 der Veranstaltungen auf Audio dokumentiert werden konnten. Die Aufarbeitung der Audios hält noch an, wird aber hoffentlich im Sommer bereit stehen.
Im Mai ging es dann gleich weiter. Im Rahmen einer Kooperation mit dem US-amerikanischen Rapper und Anarchisten “Sole” unterstützte das FdA ihn bei der Bewerbung seiner Europa-Tour, worauf hin er sich damit revanchierte, dass die Föderation bzw. befreundete Gruppen (oder in Paris die Federation Anarchiste) Infostände auf seinen Konzerten aufstellen konnten. Da kam es gerade gelegen, dass eine weitere Sonderausgabe der Gaidao verfügbar war: nämlich eine zum 1. Mai. Diese Ausgabe hatte das Ziel, sowohl eine kurze Einführung in den libertären Hintergrund des 1. Mai zu geben als auch ein Panorama aktueller Kämpfe in einer Reihe von Städten zu geben. In diesen sollte es nämlich entweder dezidiert anarchistische 1.-Mai-Demos geben oder zumindest eigenständige libertäre Blöcke im Rahmen von größeren Bündnissen. Aufgrund von Problemen mit der Postzustellung konnten an mehreren Orten entgegen der Planung keine Gaidaos auf der Demo verteilt werden. Das Ziel, eine stärkere Vernetzung libertärer Bemühungen am 1. Mai anzustoßen, hat das Heft aber durchaus erreicht.
Vom 24.-26. Mai fand im slowenischen Ljubljana die Anarchistische Balkanbuchmesse statt, die von der anarchistischen Föderation in Slowenien organisiert und von vielen anderen Gruppen und Föderationen aus ganz Europa unterstützt wurde, darunter auch die FdA. Die FdA hatte das Anarchistische Welttreffen in St. Imier intern sehr kritisch analysiert und alle Erkenntnisse daraus den Schwesterföderationen in der IFA zur Verfügung gestellt, damit zukünftige Großveranstaltungen deutlich horizontaler, partizipativer und insgesammt mehr von Diskussionen und Austausch geprägt sind. Diese Ideen gingen komplett in die Vorbereitung der Balkanbuchmesse ein, was draus ein wunderbares Event machte, dessen einziger Wermutstropfen das schlechte Wetter war. Bereits im Vorfeld der Messe gab ein Genosse der FdA auf Bitten der FAO einer Gruppe von interessierten Menschen eine Einführung in Awareness-Strukturen, so dass ein gemeinsames, wenn auch rudimentäres Safer-Space-Konzept entwickelt und schließlich auch umgesetzt werden konnte. Auf der Messe selbst war die FdA bzw. die Gaidao mit einem Infostand vertreten und an der Ausrichtung zweier Diskussionsrunden beteiligt: zu “Anarchistischen Radiopraxen” und “Libertären Publikationen”. Auch hier unterstützte das A-Radio Berlin die audiotechnische Dokumentation der Veranstaltungen in Kooperation mit den lokalen Strukturen.
Ende Mai war die FdA dann zum Backland-Festival in der Köpi in Berlin eingeladen (31. Mai und 1. Juni), wo wir neben einem Infostand auch eine Einführung in die Praxis der Föderation gaben. Zwei weitere geplante Veranstaltungen, eine Diskussion zur Gaidao einerseits und ein praktischer Workshop zum Radiomachen andererseits, mussten leider ausfallen aufgrund von Problemen mit Raum- und Zeitplanung und den dadurch weggebliebenen Interessent*innen.
Das föderationsweit unterstützte Radioprojekt A-Radio Berlin konnte sein Format des Libertären Podcasts mittlerweile als stabiles Medium etablieren. Und seit Anfang Juni ist er nun jeden Monat auch per UKW und Livestream bei Radio Dreyeckland zu empfangen.
Die Gaidao konnte die Zahl der Abonnements seit Januar 2013, wo wir mit etwa 100 begannen auf mittlerweile ca. 200 steigern. Die Zugriffszahlen auf dem Blog liegen bei konstant ca. 1000 pro Ausgabe. Darüber hinaus, und das freut uns besonders, wird die Gaidao auch immer stärker als Diskussionsplattform angenommen, was sich sich in einer steigenden Zahl an Artikeln niederschlägt, die in Antwort auf vorhergehende Artikel geschrieben werden.
Entwicklung der Internationalen Solidarität
Im April unterstützten Genoss*innen aus Dresden die anarchistische Föderation in Tschechien (CSAF) bei ihren Bemühungen, Roma-Familien zu unterstützen, die im Wohnungsmarkt in Usti Nad Labem diskriminiert wurden. Aktuell finden wieder Anti-Roma-Proteste seitens der Neo-Nazis statt, weshalb da wohl bald wieder Solidarität gefragt sein wird.
Darüber hinaus haben wir unsere Kontakte nach Lateinamerika weiter ausgebaut und bereits vereinzelte Kooperationen auf ganz praktischer Ebene umgesetzt.
Perspektiven
Aktuell und auch mittelfristig wichtig sind Diskussionen in der Föderation über Strategien und weiterführende politische Ansätze. Diese wurden bereits vor einiger Zeit begonnen. Mal schauen, wann die Diskussion erste Früchte trägt.
Ein weiteres, wichtiges Thema, dem wir unsere Aufmerksamkeit zuwenden möchten, ist die Genderproblematik, die wir in der Föderation festgestellt haben. Im Grunde spiegelt die männliche (zahlenmäßige) Dominanz in der Föderation nur die Verhältnisse in der weiteren libertärer Bewegung wider. Wir möchten uns damit aber nicht zufrieden geben und werden in den kommenden Monaten nach internen und externen Wegen suchen, zumindest erste Schritte in Richtung einer größeren Integration weiblich sozialisierter Menschen in unseren Strukturen zu gehen.
Andere wahrscheinliche Themen für die zweite Jahreshälfte werden sein: die Einheitsfeierlichkeiten zum 3. Oktober in Stuttgart und die Gegenproteste sowie die unterschiedlichen Ideen zum Wahljahr 2013, an denen bereits jetzt gearbeitet wird. Solltet ihr auf diesen Gebieten an gemeinsamen Projekten und Kampagnen interessiert sein, meldet euch bei der FdA.
Wir hoffen, wir konnten euch ein wenig Einblick in die aktuelle Entwicklung der Föderation geben !