Demonstration: [perspektive : grenzenlos feministisch]; Samstag 10.12. , 15 Uhr, Stadtbücherei Heidelberg!
Die Libertäre Gruppe Karlsruhe unterstützt den Aufruf von [perspektive : grenzenlos feministisch] zur Demonstration in Heidelberg, am 10.12.2016!
Beginn: Samstag, 10.12.2016, 15 Uhr
Startpunkt: Stadtbücherei Heidelberg, Poststr. 15, HD-Bergheim

Im Folgenden der Aufruf zur Demonstration (von AKUT[+C], AlleFrauenReferat Uni
Mainz, FUN-Referat Uni Heidelberg, Purple Planet, Queerfeministisches
Kollektiv Heidelberg): https://perspektivefeminismus2016.wordpress.com/demo/
FEMINISMUS!?! Do we still need it? Die Gleichstellung der Frau* [1] ist
doch hier in der westlichen Welt längst erreicht, Frauen* können wählen
gehen, den Beruf ihrer Wahl ausüben, frei zwischen Karriere und Familie
entscheiden, was wollt ihr denn noch mehr?
Hallooooooooooo?!?! Geht’s noch?
Ja, Angela Merkel ist Kanzlerin und
laut Grundgesetz sind ALLE Menschen gleich und trotzdem erleben wir in
letzter Zeit einen gesellschaftlichen Backlash[2].
Traditionelle Rollenbilder schränken
uns alle ein, aber für Frauen* führen sie oft außerdem zu finanzieller
Abhängigkeit und Armut. Doch sie werden erneut aufpoliert und zum Teil
staatlich gestützt, etwa mit dem Betreuungsgeld, der „Herdprämie“, die
hauptsächlich Frauen* für den Verbleib bei Herd und Kindern prämiert.
Immerhin wurde dieses inzwischen
vom Bundesverfassungsgericht gekippt und für verfassungswidrig erklärt.
Die „Demo für Alle“ gegen den neuen Bildungsplan an Schulen schwappt von
Baden-Württemberg auf weitere Bundesländer über. Unter dem Vorwand,
Familien und Kinder „schützen“ zu wollen, will sie ihre überholten
starren Vorstellungen einer patriarchalen Familie allen aufzwingen. Sie
hetzt gegen aufgeklärte Sexualpädagogik, gegen Geschlechteremanzipation,
und richtet sich zudem gegen jegliche Formen der nicht-heterosexuellen
Lebensweise. Rechte und christlich-fundamentalistische Kräfte formieren
sich auf ihren Demonstrationen „Marsch für das Leben“ sowie „1000
Kreuze-Marsch“ als Anti-Abtreibungsfront. Sie erwarten, dass wir Frauen*
unser Leben dem Anspruch, Kinder zu gebären, unterordnen, indem sie uns
das Recht absprechen, selbstbestimmt über Schwangerschaftsabbrüche zu
entscheiden.
Das alles ist Wasser auf den Mühlen
rechter und rechtskonservativer Meinungsmacher*innen. Deren
Vorstellungen heterosexueller Zweigeschlechtlichkeit bilden die
Grundlage für eine Überhöhung der (Klein-)Familie, die von ihren
nationalistisch aufgeladen wird und zur Keimzelle des Staats stilisiert
wird. Diese reaktionären Vorstellungen erhalten deutlichen Aufwind,
festigen sich in Bewegungen wie PEGIDA und identitärer Bewegung und
institutionalisieren sich darüber hinaus in der AfD und ihrer Etablierung.
Dies sind nur einige Gründe, weshalb
es hier und jetzt wichtig ist, unsere Stimme zu erheben und für eine
emanzipierte, freie Gesellschaft auf die Straße zu gehen!
Unser Feminismus bleibt:
[grenzenlos : antirassistisch]
Feminismus kann nicht ohne Antirassismus gedacht werden!
Die Erwartung, das eigene Leben den
Ansprüchen von Männern*, der Geburt und Erziehung von Kindern, der
Pflege von Angehörigen und der Erledigung notwendiger Alltagsarbeit
unterzuordnen, trifft alle Frauen*. Einige Privilegierte, oft weiße
Mittelschichts-Frauen*, können sich von diesen Ansprüchen teilweise
„freikaufen“, und „andere“ diese Arbeiten erledigen lassen. Diese
„anderen“ sind überwiegend Frauen* in Armut, Frauen* mit
Migrationshintergrund und Frauen* of colour. Doch eine bloße Verlagerung
der Ausbeutung von Frauen* auf die Ausbeutung von Frauen* mit
Migrationshintergrund und Frauen* of colour kann kein Ziel von
Feminismus sein. Wir wenden uns gegen Forderungen und Ansätze, die nur
privilegierten Frauen* zugute kommen.
Auch wenn wir nur aus einer
privilegierten, weißen Position sprechen können, wollen wir hier
explizit auf die „Double Oppression“[3] von Frauen* mit Migrationshintergrund und Frauen* of colour aufmerksam machen. In
Debatten um Sexismus werden sie oft unsichtbar gemacht, obwohl sie
sowohl durch rassistische als auch sexistische Angriffe – also doppelt –
betroffen sind. Dass sexuelle und/oder sexualisierte Gewalt[4]
gegen Frauen*, jedoch ein Problem ist, welches in Deutschland schon
immer allgegenwärtig ist, wird viel zu selten wahrgenommen und viel zu
selten an den Pranger gestellt. Wie durchdrungen die Gesellschaft von
sexueller und/oder sexualisierter Gewalt gegen Frauen* ist, wird unter
anderem durch den #aufschrei deutlich.
Seit der Silvesternacht in Köln wird
die feministische Forderung nach dem Ende sexueller und/oder
sexualisierter Gewalt für rassistische Hetze instrumentalisiert. Auf
einmal werden Stimmen von Rassist*innen und Rechtskonservativen laut,
die als Antwort Abschiebungen fordern, unter dem Vorwand, man vertrete
die abendländische Errungenschaft des Feminismus (dessen Forderungen ja
schon erfüllt seien und deswegen ignoriert werden könnten), und man
wolle Gewalt gegen Frauen* (sofern sie von Männern* of colour ausgeht)
bekämpfen. Statt den Frauen* Gehör zu schenken, die seit Jahrzehnten
darauf hinweisen, dass Übergriffe zum traurigen Alltag gehören, schreibt
man das Sexismus-Problem pauschal Männern* of colour zu.
Selbst wenn es um die Rechte von
Frauen* geht, wird Frauen* kein Gehör geschenkt. Stattdessen hört man
aus diesen Kreisen, man wolle „unsere Frauen und Töchter“ schützen. Im
Klartext: Nur Männer* haben öffentlich etwas zu sagen, Frauen* sind vom
Schutz durch Männer* abhängig – aber natürlich kommt der Sexismus, vor
dem man(n) „seine Frauen“ schützen möchte, nur von den anderen.
Die Thematisierung der Gewalt gegen
Frauen* ist natürlich richtig und wichtig, jedoch stehen schon bald
nicht mehr die feministischen Themen, sondern die Herkunft der Täter und
die Verschärfung der Asylpolitik im Vordergrund. Sexismus ist nicht
nach Deutschland eingewandert, sondern seit jeher gesellschaftliche
Realität. Menschen mit Migrationshintergrund sind dabei genauso wenig
frei von Sexismus wie alle anderen.
Sexistische und frauenfeindliche
Ressentiments entstehen durch ein Aufwachsen in einer patriarchalen
Gesellschaft, sie bestehen sowohl im Islam, als auch im Christentum, als
auch in anderen Religionen, sowie in nicht religiösen
gesellschaftlichen Zusammenhängen. Das findet sich leider überall auf
der Welt und muss frei von rassistischen Argumentationen bekämpft werden.
[grenzenlos : antifaschistisch]
Rechtes Gedankengut geht mit
Antifeminismus einher. Der Ruf nach traditioneller Ordnung findet
Widerhall, wenn das patriarchale Kleinfamilienleben angepriesen wird: Da
sagt Papa noch wo es lang geht und Mama kümmert sich noch. Entsprechend
stoßen Lebensmodelle, die allen Menschen
Freiheit und Entscheidungsmacht über ihr eigenes Leben lassen, auf
sture Ablehnung. Das zeigt den autoritären Charakter der Vorstellungen
von „Familie“, die von Rechten vertreten werden – als ob Single-Frauen*,
Hausmänner*, Patchwork-Familien und Regenbogenfamilien nicht längst
Realität wären!
Völkische und nationalistische
„Antworten“ auf soziale Fragen fordern die Unterordnung aller Menschen
unter das, was als nationale Interessen dargestellt wird. Eins dieser
angeblichen Interessen – die ausschließend und diskriminierend wirken –
ist der Fortbestand des „deutschen Volkes“. Dieser soll durch die
Mutterschaft „deutscher“ Frauen* gesichert werden. Die sexuelle
Selbstbestimmung wird dabei schlicht aberkannt.
Wer sich als Frau* gegen diese
Anmaßungen stellt, wird von Rechten als egoistisch, selbstsüchtig,
asozial beschimpft. Wer sich gar nicht als Mann oder Frau identifizieren
kann oder mag, wird als „abnormal“ abgestempelt. Diesen
menschenverachtenden Einstellungen darf kein Raum gegeben werden!
In Heidelberg gibt es immer noch
Dutzende Männerbünde in Form von Studentenverbindungen. Viele davon
pflegen ein haarsträubendes Frauenbild. Sie sorgen dafür, dass Männer*
gute Posten an Männer* vermitteln, sie leugnen, dass echte
Freundschaften von Männern* mit Frauen* möglich seien, und sie setzen
Heterosexualität voraus, wenn sie den Ausschluss von Frauen* als
Mitbewohnerinnen* damit begründen, dass sie romantische Verwicklungen
und Ärger damit vermeiden wollten. Frauen* haben bei ihnen keinen Platz
als gleichberechtigte Mitmenschen – sie weisen Frauen* den zierenden
Platz an der Seite eines Mannes* zu.
Regelmäßig stehen dieselben
Verbindungen mit Diskussionen über „Ariernachweise“ (Dachverband
Deutsche Burschenschaft) oder mit der Einladung eines Holocaust-Leugners
(Normannia, Kurzer Buckel 7, direkt unter dem Heidelberger Schloss) in
den Schlagzeilen. Anders als gegenüber Neonazis in Kameradschaften oder
der NPD, oder auch gegenüber der AfD, besteht aber immer noch
erschreckend viel Akzeptanz für Studentenverbindungen – der Rektor der
Uni Heidelberg, der Heidelberger Oberbürgermeister und der
baden-württembergische Ministerpräsident sind „alte Herren“ von
Verbindungen. Das ist kein Problem irgendeines rechten Randes, sondern
ein Problem der Mitte der Gesellschaft.
Wir fordern eine breite
gesellschaftliche Akzeptanz für sexuelle Selbstbestimmung, fernab von
heterosexuell-normativen Lebensentwürfen.
Deshalb muss eine antifaschistische Bewegung Teil einer feministischen Bewegung sein.
[grenzenlos : kapitalismuskritisch]
Wie die Ergebnisse vieler Studien
mittlerweile stolz berichten, sind Frauen* auf dem Arbeitsmarkt immer
häufiger vertreten. Dass dies jedoch in der Regel nicht mit einer
Gleichstellung einhergeht, darauf wird vor allen Dingen von
Feminist*innen verwiesen.[5]
Obwohl Frauen* immer mehr in der
Erwerbsarbeit tätig sind, sichern sie trotzdem gleichzeitig, dass Kinder
aufgezogen werden, dass der Haushalt funktioniert, dass Bedürftige Fürsorge erhalten. Dies führt zu einer Doppelbelastung von Frauen* und teilweise
zu einer Weitergabe von bestimmten Aufgabenbereichen an Frauen* in
Armut, Frauen* mit Migrationshintergrund und Frauen* of colour. Nach der
Logik des Marktes gilt: es ist billiger wenn Frauen* unbezahlt
Angehörige pflegen, als wenn die Pflegeversicherung einspringen muss;
jedoch müssen Frauen* dafür doppelt arbeiten. Es ist billiger, wenn
Frauen* Kinder erziehen, als wenn KiTa-Plätze geschaffen werden müssen;
jedoch führt dies häufig zum Stillstand ihres Berufslebens.
Zynischerweise lässt sich feststellen, dass die Verwertungslogik des
Kapitalismus den Status Quo bestimmt hat.
Deshalb darf der feministische Kampf hier nicht aufhören. Soziale Reproduktionsarbeit [6] und Lohnarbeit sind gleichermaßen für diese Gesellschaft notwendig.
Deshalb sollten sie als gleichwertig anerkannt werden, und somit die
soziale Reproduktion aufgewertet werden. Zudem muss eine Veränderung in
der geschlechtlichen Arbeitsteilung in der Wirtschaft und in der Politik
stattfinden, um Lohnarbeit und geschlechtliche Arbeitsteilung
überwinden zu können.
[grenzenlos : selbstbestimmt]
Permanent wird Frauen* das Recht über den eigenen Körper zu bestimmen abgesprochen.
Es ist ein alltägliches Erlebnis, wenn
wir nicht nach Hause laufen können, ohne dass uns hinterhergepfiffen
wird; wenn wir nicht ausgelassen tanzen können, ohne plötzlich eine
fremde Hand am Arsch zu spüren; wenn wir aufgrund unserer Weiblichkeit,
unserer sexuellen Identität oder unserer sexuellen Orientierung nicht ernst genommen werden.
Völlig unabhängig davon, was die
Betroffene* getragen hat oder wie sie* sich verhalten hat – kein tiefer
Ausschnitt, kein kurzer Rock und kein nettes Lächeln rechtfertigt ein
übergriffiges Verhalten der Täter. Jede Argumentation in diese Richtung
ist eine Täter – Betroffenen* Umkehr und suggeriert den Betroffenen*
sich einfach nur falsch verhalten zu haben.
Unsere Körper gehören uns! Unsere Bäuche gehören uns!
Abtreibungen sind in Deutschland immer
noch illegal, auch wenn sie unter bestimmten Bedingungen unter
Straffreiheit stehen. Militante Abtreibungsgegner*innen feinden
Abtreibungen weiterhin stark an. In
vielen Ländern sieht die Rechtslage leider noch verheerender aus und
setzt Frauen* regelmäßig den Gefahren von illegalen Abtreibungen unter äußerst schlechten hygienischen Bedingungen aus. Jede Frau* muss das Recht haben frei über den eigenen Körper zu entscheiden. Das gilt sowohl für Abtreibungen als auch bezüglich der Entscheidung ein erfülltes Leben zu führen, ohne dass Kinder Teil davon sein müssen.
[grenzenlos : selbstbewusst]
Wir sind viele, wir sind stark und das können wir auch selbstbewusst demonstrieren!!!
Wir nehmen uns was uns zusteht!!!
Fußnoten:
[1] Weil
Sexismus auch in der Sprache sehr stark wirkt, wollen wir durch das
Sternchen markieren, dass es nicht nur „Frauen“ und „Männer“ gibt
sondern auch viele Menschen die sich fernab der aufgezwungenen Binarität
verorten, wie zum Beispiel Trans- und Intersexpersonen. [zurück nach oben]
[2] Deutsch „Rückschritt“:
Unter Backlash versteht man das Wiedererstarken konservativer Wertvorstellungen, die als überwunden galten. [zurück nach oben]
[3] deutsch „Doppelte Unterdrückung“ [zurück nach oben]
[4]
Beide Begriffe, „sexuelle Gewalt“ und
„sexualisierte Gewalt“, werden jeweils unterschiedlich gebraucht und
können unterschiedliche Schwerpunkte zum Ausdruck bringen. „Sexuelle
Gewalt“ soll in der Regel betonen, dass die sexuelle Form der Gewalt im
Kontext sexistischer, patriarchaler Strukturen kein Zufall ist, sondern
hierin überwiegend von Männern* gegen Frauen* ausgeübt wird.
„Sexualisierte Gewalt“ soll in der Regel zum Ausdruck bringen, dass vor
allem die Ausübung von Macht und weniger die Befriedigung sexueller
Bedürfnisse im Vordergrund steht.[zurück nach oben]
[5] GenderPayGap:
Dass es auf dem Arbeitsmarkt immer noch keine Gleichberechtigung gibt, zeigt sich am GenderPayGap.
Mehr dazu unter: http://www.oecd.org/gender/ [zurück nach oben]
[6] Soziale
Reproduktionsarbeit umfasst unter anderem die Aufgabenbereiche
Kinderkriegen, Erziehung, Haushalt, Pflege und emotionale Unterstützung.
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