Dem AfD-Landesparteitag am 17./18. Juni in Karlsruhe entgegen! Solidarische Perspektiven entwickeln – jenseits von Wahlen und Populismus

Am Wochenende des 17. und 18. Juni möchte die AfD Baden-Württemberg ihren Landesparteitag in der Badenerlandhalle in Karlsruhe-Neureuth abhalten.

Die Libertäre Gruppe Karlsruhe ruft neben anderen Organisationen zum Protest gegen diesen Parteitag auf!

Die AfD ist Teil eines weltweiten Rechtsrucks. Allen voran die sogenannte Neue Rechte hat es in den letzten Jahren geschafft den öffentlichen Diskurs zu vereinnahmen und mit selbsternannten Bürgerbewegungen wie PEGIDA versucht, auch die Straße für sich zu gewinnen.

Auch wenn der Protest der “besorgten Bürger” auf den Straßen deutlich zurück gegangen ist, wird der politische Diskurs weiter von rechten Bewegungen und Parteien bestimmt.

Die AfD als Teil einer Neurechten Bewegung

Die AfD muss als Teil dieser Neurechten Bewegung gesehen werden. Sie ist der parteipolitische Arm, dessen Eliten die Politik im Sinne dieser elitären Bewegung umsetzen soll.

Die Neue Rechte hat sich zum Ziel gesetzt den öffentlichen und vor allem politischen Diskurs zu bestimmen. Dies geschieht unter anderem durch die Umdeutung und Besetzung von politischen Begriffen (völkisch sollte wieder positiv besetzt werden) oder dem Kreieren neuer Begriffe. Begriffe wie Asylflut oder Flüchtlingsschwemme, deren politische und wirtschaftliche Hintergründe mit Naturkatastrophen gleichgesetzt werden und welche gleichzeitig mit einer Entmenschlichung der betroffenen Personen einhergehen.
Die Neue Rechte sieht sich als Bindeglied zwischen demokratischem Konservatismus und antidemokratischem Rechtsextremismus. So ist es ihr Bestreben, durch eine Verbindung von neoliberalen und klassisch rechtsextremen Themen die nationale Volksgemeinschaft und Identität als Alternative zwischen Kommunismus und Kapitalismus zu etablieren. Der Front National aus Frankreich vereinnahmte bereits Mitte der 80er Jahre diese Ideen und dient als eindeutiges Vorbild der AfD.

Gerne stellt sich die AfD als Bewegungspartei der sogenannten bürgerlichen Mitte dar. Sie möchte die “kleinen” Leute mitnehmen. Ein Anspruch, der so von linken, sozialen und sozialistischen Bewegungen und Parteien bekannt ist.
Ihr politisches Wirken steht dem gegenüber. Die Partei ist geprägt von Machteliten, die lediglich vorgeben den Willen des sogenannten Volkes umzusetzen. Das Volk wird dabei nicht als Gemeinschaft aller Menschen, die in einem begrenzten Gebiet (hier die Bundesrepublik Deutschland) leben begriffen, sondern bedient sich rassitischer Einordnungen, nach denen entschieden wird, wer zum “deutschen Volk” gehören darf.
Die Ursachen für soziale Probleme werden von der AfD genauso wenig wie von anderen Parteien bekämpft werden.
Im Gegenteil: Die neoliberale wirtschaftliche Ausrichtung der Partei wird diese weiter verschärfen. Um das Konstrukt der Volksgemeinschaft und nationalen Identität weiter voran zu treiben, werden die Ursachen auf rassistische, nationalistische und antifeministische Thesen verlagert.
Für alle Probleme werden Sündenböcke außerhalb der eigenen vorgestellten Volksgemeinschaft gesucht und gefunden. Wahlweise werden Flüchtlinge, Ausländer, aber auch “Sozialschmarotzer” oder ominöse Marionettenspieler*innen ausgemacht.
Antifeministische Positionen gehören ebenfalls zum klassischen Konstrukt der Volksgemeinschaft.
Frauen werden in erster Linie auf ihr Dasein als Mütter, Erzieherinnen und Hausfrauen festgelegt. Ihre forderste Aufgabe ist die Reproduktion der Gemeinschaft. Ganz im Sinne einer Gebährmaschine. Wer dieses Rollenbild nicht verinnerlicht ist nicht unterstützenswert und somit als Individuum untergeordnet.
Eine öffentliche Distanzierung von rechtsextremen Gruppen findet lediglich aus strategischen Gründen statt.

Ein Rechtsruck in der AfD?

Mit den Auseinandersetzungen zwischen Lucke und Petry, bzw. Petry und Gauland/Höcke hat sich das öffentliche Auftreten der AfD ein Stück weit verändert. Von einem Rechtsruck innerhalb der Partei kann jedoch keine Rede sein. Der Inhalt hat sich nicht verändert.
Stattdessen ist die Frage, wie offen klassisch rechtsextreme Themen öffentlich geäußert werden können oder nicht. Die Diskussionen um den Antisemiten Gedeon, die rassistischen und geschichtsrevisionistischen Äußerungen von Gauland und Höcke, sowie die öffentliche Zusammenarbeit mit der Identitären Bewegung und dem Neurechten Compactverlag zeigen das. Nie ging es um eine klare inhaltliche Distanzierung. Lediglich um das Image der Partei.

BaWü

Die Unterstützer des Antisemiten Gedeon durften nach kurzzeitiger Spaltung wieder in die Landtagsfraktion um Jörg Meuthen eintreten. Diese hat das Problem ausgesessen. Eine klare Distanzierung von antisemitischen Inhalten hat nicht stattgefunden.
Jörg Meuthen galt lange Zeit als gemäßigt und versuchte sich in der Öffentlichkeit auch so zu präsentieren. Mit Aussagen wie, wenn er Samstags durch seine Heimatstadt (Karlsruhe, Anm. d. Verf.) gehe sehe er kaum Deutsche mehr, zeigt er, dass er diesen Weg bereits verlassen hat.
Während einzelne Vertreter wie Dubravko Mandic, den die AfD gerne als Vorzeigemigranten darstellt, schnell den Schulterschluss mit der extremen Rechten suchten, distanzierte sich ein Großteil der Partei zumindest in der Öffentlichkeit davon.
Eine von der AfD angekündigte Demonstration am 01. Juli 2017 in Offenburg zeigt den öffentlichen Schulterschluss auf. Neben dem antimuslimischen Hetzer Michael Stürzenberger, dem Neurechten Verleger Jürgen Elsässer und Sigfried Däbritz von PEGIDA, treten vor allem Redner*innen der AfD auf, die eine Nähe zur Identitären Bewegung suchen.

Solidarische Perspektiven entwickeln – jenseits von Wahlen und Populismus

Der AfD-Landesparteitag dient zur Vorbereitung der Bundestagswahlen in diesem Jahr.

Manch einer denkt wahrscheinlich auf Grund des beschriebenen Rechtsrucks darüber nach, bei der nächsten Wahl vielleicht doch das Kreuzchen bei nicht-rechten Kandidat*innen zu setzen. Und ganz ehrlich: Was jede*r einzelne*r von uns in der konkreten Situation macht, macht er/sie ohnehin nur mit dem eigenen Gewissen aus.

Aus Sicht organisierter Anarchist*innen lässt sich allerdings feststellen: Wenn wir ein politisches Konzept haben wollen, auf dessen Grundlage sich antiautoritäre Kräfte den populistischen, rechten und faschistischen Bestrebungen entgegensetzen wollen, dann kann dieses nicht auf der Abgabe der eigenen Stimme beruhen.
Stattdessen muss sich dieses Konzept außerhalb der Parlamente manifestieren. In Worten und Taten.
Deshalb möchten wir die Wahlen in diesem Jahr zum Anlass nehmen, eine Kampagne mit dem Titel “Solidarische Perspektiven entwickeln – jenseits von Wahlen und Populismus” durchzuführen.

Wir möchten mit dieser “Antiwahl-Kampagne” den Fokus weniger auf die Wahlen selbst denn auf die aktuellen Verhältnisse lenken. Neben einer Kritik des Wahlsystems und der parlamentarischen Demokratie an sich, wollen wir insbesondere dazu arbeiten, wie wir wieder in die Offensive kommen. Der Kapitalismus ist seit einigen Jahren mal wieder in der Krise, doch die Linke ist in der Schockstarre. Eigentlich sollten Ideen, die sich gegen den Ausverkauf des Planeten und der Wesen darauf richten, starken Aufwind haben.
Doch obgleich es einige Fortschritte gegeben hat, ist es uns als Anarchist*innen bislang nicht gelungen, das entstehende Vakuum im politischen Feld auszufüllen. In diesem Sinne möchten wir im Rahmen dieser Kampagne nicht nur konkrete Praxen insbesondere gegen den Rechtsruck entwickeln, sondern auch versuchen, aus der Wohlfühlzone der eigenen Szene herauszutreten.

Unsere Antwort auf die politischen und sozialen Missstände sehen wir in der Entwicklung solidarischer Perspektiven, die sowohl ideell unterfüttert, als auch real erfahrbar sein sollen.

Wir möchten den AfD-Landesparteitag und vor allem die Proteste dagegen auch als Start der Kampagne der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen in Karlsruhe zu starten.

In diesem Sinne:

Selbstorganisation statt Parlamentarismus!
Kooperation von unten statt Nationalismus und Populismus!
Solidarische Perspektiven entwickeln!
… dem AfD-Landesparteitag am 17. und 18. Juni in Karlsruhe entgegen!

Wir rufen alle Menschen dazu auf ab 8:00 Uhr ihren Protest vor der Badnerland Halle in Karlsruhe-Neureuth zu äußern!

Ab 12:30 wird es eine Demonstration durch die Karlsruher Innenstadt geben. Startpunkt ist der Ludwigsplatz.

Zum Originalbeitrag