Aufruf zur Freiraumdemo in Reutlingen 26.5.12

Das Anarchistische Netzwerk Tübingen unterstützt den Aufruf zur Freiraumdemo.
Die Zelle ist seit langem eines der wenigen Projekte, die unkommerzielle kulturelle und politische Arbeit in Reutlingen ermöglichen. Wir lassen uns nicht von irgendwelchen Beamtenärschen einschüchtern.
See you saturday in Riotlingen!!

Liebe Freundinnen und Freunde, Unterstützerinnen und Unterstützer, autonome Zentren, Wohnprojekte, alternative und selbstverwaltete Gruppen
Selbstverwaltung in Gefahr!!!

Die Reutlinger Stadtverwaltung versucht das selbstverwaltete Jugend- & Kulturzentrum „Kulturschock Zelle“ mithilfe einer Gastättenkonzesion zu zerstören.

Wir leisten Widerstand und rufen zur Solidarität auf!!!

Die Zelle ist ein seit 1968 selbstverwaltetes Jugend- & Kulturzentrum, dass von Anfang an nicht bereit war sich der Reutlinger Spießbürgerlichkeit anzupassen. Daher standen Teile der Stadtverwaltung der Zelle schon immer ablehnend gegenüber und versuchten mehrfach das autonome Zentrum unter Kontrolle zu bringen oder gar zu schließen. Doch der Stadtverwaltung gelang dies nie und es wird ihr auch dieses Mal nicht gelingen!!!

Die Zelle war schon immer unbequem und die „Zellis“ pflegten stets ihre Meinung kund zu tun. Dadurch entwickelte sich die Zelle zu einem Zentrum politischer Diskussion und Aktivität in Reutlingen, aus dessen Dunstkreis heraus viele Projekte, Vereine und selbstverwaltete Unternehmen entstanden, die bis heute das Reutlinger Stadtbild mitprägen.

Über die Jahre hinweg wurde die Zelle immer weiter aus dem Stadtzentrum gedrängt und in unattraktivere Gebiete verbannt. Unsere jetzige Residenz befindet sich ganz am Rande der Stadt in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Bordell und anderen zwielichtigen Etablissements. Dies ist definitiv nicht die richtige Nachbarschaft für ein Zentrum, in dem junge Menschen sich selbstverwaltet und frei ausleben wollen.

Im Sommer letzten Jahres versuchte das Ordnungsamt Reutlingen uns mittels einer Verfügung dazu zu zwingen, eine Gaststättenkonzession zu beantragen. Begründet wurde dies unter anderem mit der Unterstellung, dass die Zelle den Jugendschutz nicht einhalten und über die Selbstkosten hinaus Gewinne erwirtschaften würde.

Wir wehren uns vehement gegen die Unterstellung wir würden versuchen, Gewinne zu erzielen. Alle Mitwirkende arbeiten ehrenamtlich für die Zelle. Wir machen Zelle nicht um Geld zu verdienen, sondern um Erfahrungen zu sammeln, uns zu entfalten und Spaß zu haben. Außerdem wollen wie einen Raum erhalten und gestalten, in dem eine selbstverwaltete, basisdemokratische Alternative zur bestehenden Gesellschaftsordnung gelebt werden kann

Wir lassen uns nicht zu einer Gaststätte machen. Wir wollen auch nicht mit Gaststätten verglichen werden, da wir ein grundlegend anderes Konzept verfolgen. Wir sind einen Treffpunkt für Jugendliche und alternative Gruppen, wir veranstalten Konzerte, Vorträge, Partys, Workshops und vieles mehr. Damit unser Angebot für jedeN zugänglich ist, versuchen wir die Preise für Eintritte, aber auch unsere Getränke so niedrig wie möglich zu halten. Auch besteht bei uns kein Verzehrzwang. Ein weiterer Pfeiler unseres Konzepts ist das außerschulische Lernen durch gegenseitige Hilfe und ohne bevormundende und strafende Lehrer. Wir schmeißen den kompletten Laden von der Buchhaltung über Klo putzen und Schränke basteln bis hin zur Veranstaltungstechnik selbst und geben unser Wissen an die Neuen weiter. Dies funktioniert bei uns seit 44 Jahren!

Durch eine Gaststättenkonzession ist dieses Konzept bedroht, eine eigenverantwortliche Arbeit wäre nicht mehr möglich. Die Konzession würde bedeuten, dass es einen Verantwortlichen geben müsste der für alles den Kopf hin hält, die Stadt uns mit Auflagen das Leben schwer machen könnte und uns die Konzession jederzeit entzogen werden könnte. Unter diesen Umständen wäre unsere Arbeit nicht möglich. Wir wollen keine Hauptverantwortlichen, die für die Anderen haften müssen. Wir würden in unserer Freiheit stark eingeschränkt und auch die Praxis, dass alle bei uns eigenverantworlich mitmachen können, wäre nicht mehr aufrecht zu erhalten. Als anerkannter Träger der Außerschulischen Jugendbildung ist es uns zudem untersagt ein Gewerbe anzumelden, wenn wir unseren Anspruch auf Förderung nicht verlieren wollen.

Die Stadt wirft uns vor den Jugendschutz nicht zu beachten. Deshalb müssten die Jugendlichen vor der „bösen Zelle“ geschützt werden und die Zelle mithilfe einer Konzession unter Kontrolle gebracht werden. Viele Jugendliche treffen sich bei der Zelle um sich mit selbst mitgebrachten Getränken zu betrinken. Die nächtliche Unruhe wird dann uns in die Schuhe geschoben. Dass die Stadtverwaltung mit einem nächtlichen Aufenthaltsverbot in einem Park einen Treffpunkt der Reutlinger Jugend zerstörte, interessiert sie nicht im geringsten. Die daraus resultierende Probleme schiebt sie immer wieder gerne anderen zu.

Wir lassen uns nicht für von der Stadt verursachte Probleme verantwortlich machen. Eine Konzession würde keine konkreten Probleme lösen, sondern wieder nur verschieben.

Gerne sind wir bereit vorhandene Missstände gemeinsam zu lösen, aber nur ohne eine drohenden Konzession im Nacken!

Das Amt für Öffentliche Ordnung, unter Leitung von Albert Keppler, auf dessen Mist das Ganze gewachsen ist, versucht mit der Gaststättenkonzession nicht nur die Zelle unter Kontrolle zu bringen, sondern es versucht ein wichtigen Teil der Reutlinger Jugendkultur zu vernichten. Alles was nicht in das schöne, geordnete Stadtbild passt, muss anscheinend passend gemacht werden. Wir aber passten noch nie und wir lassen uns auch nicht passend machen!!!

Wir fordern alle UnterstützerInnen und MitkämferInnen dazu auf, sich mit uns zu solidarisieren und dem Amt für Öffentliche Ordnung zu zeigen, dass wir viele sind und uns das nicht gefallen lassen!

Teile des Gemeinderats, mehrere Gruppen und Einzelpersonen sprachen sich schon für uns aus, doch noch scheint die Stadtverwaltung nicht einlenken zu wollen und beharrt auf ihrem Standpunkt.

Die Verfügung steht weiter im Raum.

Unsere Probleme mit der Reutlinger Stadtverwaltung sind kein Einzelerscheinungen, überall und immer wieder versuchen Städte, selbstverwaltete Zentren, Wagenburgen, Wohnprojekte etc. zu kontrollieren und zu schließen. Alles was nicht in das Bild eines wohlgeordneten und investorenfreundlichen Wirtschaftsstandorts passt und fernab des Mainstreams seine Meinung äußert, wird nicht gern gesehen. Die Angriffe haben immer wieder andere Gesichter und werden unterschiedlich heftig und unverschämt durchgeführt. Auch unser Problem ist kein Einzelfall. das selbstverwaltete Kulturzentrum Art-Canrobert in Rastatt zum Beispiel hat durch ähnliche Aktionen der Rastatter Verwaltung schon massiv Probleme bekommen, auch das Café Irrlicht in Schopfheim muss sich mit Auflagen herumschlagen. Aus anderen Bereichen wäre etwa der geräumte Wagenplatz Kommando Rhino aus Freiburg zu nennen.

Doch wir werden die fortschreitende Beschränkung unserer Freiräume nicht hinnehmen.

Wir geben ein lautes Statement ab, an alle Ämter und Regierungen : „Nicht mit Uns, wir lassen uns unsere Freiheiten nicht einschränken“.

Solidarität ist unsere Waffe gegen Bürokratie und Intrigen der Verwaltungsapparate!!!!

Deshalb werden wir laut und rufen zu einer großen Freiraumdemo in Reutlingen auf!!!

Wir wollen zeigen, wie wichtig Freiräume und selbstverwaltete Projekte für uns sind und wie viele dahinter stehen!!! Wir sind viele und wir lassen uns nicht klein kriegen!!!

Kommt alle am 26.5.2012 nach Reutlingen.

Zum Originalbeitrag