Anarchistischer Aufruf zum revolutionären 1. Mai 2017

Als Anarchist*innen erachten wir größtmögliche Freiheit neben gegenseitiger Unterstützung in Gemeinschaften auf Basis von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit als einen der zentralen Aspekte des Anarchismus. Die stetige Ausweitung unserer individuellen und gemeinschaftlichen Freiheit in Verbindung mit gemeinschaftlicher Solidarität ist Ziel unseres Handelns als Anarchist*innen.

Die kapitalistische Gesellschaftsordnung und die herrschende Klasse richtet den Grad der individuellen Freiheit nach der kapitalistischen Logik der Gewinnmaximierung aus – zulasten unserer Freiheit als arbeitende Klasse. Und tief in unsere Gesellschaft eingeschriebene Unterdrückungsmechanismen, wie beispielsweise das Patriarchat oder Rassismus, schränken die Handlungsspielräume bestimmter gesellschaftlicher Gruppen und damit von uns allen zusätzlich ein. Denn wie Erich Mühsam 1932 schon schrieb: „Niemand kann frei sein, solange es nicht alle sind“ (In „Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat – Was ist kommunistischer Anarchismus“).

Aktuell beobachten wir jedoch verschärfte Angriffe auf unsere Freiheiten und erkämpften Errungenschaften auf vielen Ebenen:

-In Zeiten der kapitalistischen Krisendynamiken und des steigenden Profitdruckes des Kapitals wachsen die prekären Bedingungen in unseren Lohnarbeitsverhältnissen. Sei es durch schlechte Bezahlung, befristete Arbeitsverträge, Ausweitung der Leiharbeit, steigender Leistungsdruck immer mehr in immer weniger Arbeitszeit zu leisten; sei es durch zunehmende Kontrolle und Sanktionen bei Hartz-IV-Bezug oder der Sprung von (unbezahltem) Praktikum zu Praktikum; oder auch durch die starke Begrenzung des Streikrechts und gewerkschaftlicher Aktivitäten

-wir müssen immer höhere Mieten zahlen, konkurrieren bei der langwierigen Wohnungssuche mit dutzenden Bewerber*innen auf eine (überteuerte) Wohnung; werden aus dem öffentlichen Raum vertrieben, wenn wir nicht konsumieren und in das saubere und aufgewertete Stadtbild passen

-Die zunehmende rechte Gewalt gegen Geflüchtete im Besonderen und allgemein alle, die nicht in ein faschistisches Weltbild passen, soll uns einschüchtern, klein halten oder kaputt machen. Die gleichzeitig immer offener und von immer mehr Menschen vertretene rechte Hetze versucht uns in das enge Korsett einer sogenannten „deutschen Leitkultur“ zu pressen und unsere Vorstellungen von Vielfalt der Lebensentwürfe und des Zusammenlebens zu ersticken

-ein damit einhergehendes gesellschaftliches Zurückfallen in verstaubte Geschlechterrollen und sittlicher Moralvorstellungen, die uns Frauen klare Rollen zuweisen sowie allen Homo-, Trans- oder Intersexuellen unter uns ihre sexuelle Identität und Orientierung abspricht oder in die heteronormative Beziehungsmuster presst

-die religiös motivierte Terrorgefahr von Anhänger*innen des Daesh (sogenannter Islamischer Staat) soll wie ein jederzeit herabfallendes Damoklesschwert über uns schweben um unser Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum zu agieren zu vernichten

-die vermeintlichen „Lösungen“ der Politiker*innen auf diese sehr abstrakte Terrorgefahr stellt einen Generalangriff auf unsere Freiheit und Selbstbestimmung dar: Immer mehr Kameras im öffentlichen Raum, umfassendere Datenspeicherungen, Fußfesseln und Inhaftierung vermeintlicher „Gefährder“ – also potentiell allen dem Staat und der kapitalistischen Ordnung feindlich gegenüberstehenden Menschen, Ausweitung des Einsatzes des deutschen Militärs im Innern – die Liste an Forderungen und schon verabschiedeten Gesetzen wird immer länger und betrifft uns alle.

All diesen gesellschaftlichen Entwicklungen und Angriffe der herrschenden Klasse setzen wir unsere Sehnsucht nach Freiheit, unsere Wut über die gesellschaftlichen Verhältnisse sowie unseren Willen nach Veränderung entgegen: Gemeinsam wollen wir den Anarchismus verwirklichen: Eine Welt, in der jede*r größtmöglichste Freiheit genießen kann. Und gleichzeitig auf Grundlage der freien Vereinbarung und gegenseitigen Hilfe mit anderen Menschen in solidarischen Gemeinschaften leben kann – in der die Bedürfnisse der Menschen statt Profit und Wirtschaftswachstum zählen.

Lasst uns am 1. Mai unsere Ziele und Vorstellungen einer Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße tragen. Lasst uns am Tag der arbeitenden Klasse – unserem Tag – offensiv die Ideen des Anarchismus verbreiten – für ein Leben, Lieben und Lernen in Freiheit.

Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2017!

11:30 Uhr | Stuttgart | Schloßplatz

Ab 14 Uhr kannst du uns u.a. bei unserem libertären Büchertisch auf dem In­ter­na­tio­na­lis­ti­schen Mai­fest im Linken Zentrum Lilo Herrmann finden

Libertäres Bündnis Ludwigsburg

Der Beitrag Anarchistischer Aufruf zum revolutionären 1. Mai 2017 erschien zuerst auf Libertäres Bündnis Ludwigsburg (LB)².

Zum Originalbeitrag