Aktionswoche gegen prekäre Beschäftigung in der grünen Böll-Stiftung

 

böllVom 27.07. bis zum 03.08.2013 führten Mitglieder der FAU im Rahmen einer bundesweiten Aktionswoche über 20 Protestaktionen in verschiedenen Städten durch, um auf die prekären Arbeitsverhältnisse in der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung aufmerksam zu machen. Anlass war die kalte Kündigung von gewerkschaftlich aktiven KollegInnen durch die Beauftragung eines neuen Personaldienstleisters. Schwerpunkte der Aktionen waren Berlin, Bonn, Dresden, Erfurt, Freiburg, Halle, Hannover, Kiel und Köln.

 

Den Protestaktionen war eine monatelange Auseinandersetzung zwischen der Geschäftsführung der Böll-Stiftung und der FAU vorangegangen, der sich betroffene KollegInnen angeschlossen hatten, um sich für bessere Bedingungen im Betrieb einzusetzen. Sie wurden teils seit Jahren über Drittfirmen in der Stiftung beschäftigt, wodurch Mitspracherechte im Betrieb verwehrt und Tariflöhne umgangen werden konnten. Bei der Veranstaltungsassistenz etwa wurden bis zuletzt 8,00 EUR pro Stunde gezahlt und damit weniger als die Grünen derzeit als Mindestlohn fordern. Je nach Eingruppierung und Erfahrung liegt der Lohn aber auch zwischen 25 und 40% unter dem Niveau, das unserer Einschätzung nach der sonst im Haus übliche Tarif bei einer direkten Anstellung vorsieht. Möglich ist dies unter anderem deshalb, weil die Gewerkschaften des DGB durch einen Tarifvertrag mit dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) einen Tarifvertrag mit Dumpinglöhnen geschlossen haben und so das Gebot „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für LeiharbeiterInnen aushebeln. Dies macht sich auch die Heinrich-Böll-Stiftung zunutze.

Böll-Stiftung hält an Lohndumping fest

Die Geschäftsführung verweigert seit dem Beginn der Proteste direkte Verhandlungen mit der FAU und begründet ihr Festhalten an der gegenwärtigen Praxis mit rechtlichen Zwängen und wirtschaftlicher Notwendigkeit. Die grüne Böll-Stiftung stellt damit Lohndumping und Leiharbeit als alternativlos dar. Sie profitiert von den niedrigeren Löhnen und der Flexibilität der Arbeitskräfte und bedauert zugleich, dass sie bei den Ausschreibungen keinen bestimmten Tariflohn vorschreiben könne. Dabei gibt es eine naheliegende Lösung für das Problem: Die direkte Beschäftigung der ArbeitnehmerInnen! Eine Reihe von KollegInnen will diese jetzt vor Gericht durchsetzen, indem sie juristisch gegen die kalten Kündigungen vorgehen, denn möglicherweise handelt es sich bei der derzeitigen Beschäftigungskonstruktion sogar um illegale Leiharbeit.

Kritik auch innerhalb der Stiftung und von den Grünen

Über 350 Menschen haben unterdessen eine Online-Petition auf der Plattform change.org unterzeichnet und fordern die Weiterbeschäftigung der aus dem Betrieb gedrängten KollegInnen zu besseren Bedingungen. Auch innerhalb der Stiftung gibt es viel Kritik an der Beschäftigungspolitik und inzwischen auch aus der Partei der Grünen: „Ich halte dies für unerträglich“, begründet etwa ein Mitglied des Arbeitskreises Grüne Linke seine Unterstützung für die Petition. Die Sprecherin eines Grünen-Kreisverbandes begründet ihre Unterzeichnung der Petition der FAU folgendermaßen: „Weil ich prekäre Arbeitsverhätnisse generell schlimm finde und das auch noch in unserer Heinrich-Böll-Stiftung! Ich bin entsetzt, wie weit Theorie und Praxis auch bei uns Grünen auseinander klaffen können.“

Dank den vielen UnterstützerInnen!

Wir bedanken uns bei allen UnterstützerInnen für die vielen Aktionen und Solidaritätsbekundungen. Hier eine Übersicht der gelaufenen Aktionen:

Freiburg | 27.07.2013
Mitglieder der FAU Freiburg machten am 27.07. mit einem Info-Stand auf dem Stühlinger Wochenmarkt auf den Arbeitskonflikt und die aktuelle Situation in der Heinrich-Böll-Stiftung aufmerksam. Das Interesse war groß und innerhalb von zwei Stunden konnten mehrere hundert Flugblätter verteilt werden.

Berlin | 30.07.2013
In kleinen Teams besuchten Mitglieder der FAU verschiedene Standorte der Grünen und der Heinrich-Böll-Stiftung in der Stadt, verteilten Flyer, informierten und suchten das Gespräch. Dabei besuchten sie u.a. das Wahlkampf-Basislager der Grünen in Berlin-Mitte, das Hoftreffen des Bezirksverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf und eine Veranstaltung des Berliner Bildungswerks der Böll-Stiftung.

Erfurt | 30.07.2013
Mitglieder der FAU verteilten Flyer bei einer Veranstaltung der thüringer Landesstiftung der Heinrich-Böll-Stiftung und informierten über den aktuellen Stand des Arbeitskonflikts. Außerdem verschicken sie Postkarten mit Informationen zum Konflikt an die thüringischen Kreisverbände der Grünen und einzelne Mitglieder der Partei.

Dresden | 30.07.2013
Mit einer Mail-Aktion machen Mitglieder der FAU Dresden die grünen Mitglieder des Stadtrates auf den Arbeitskonflikt aufmerksam und informieren über den aktuellen Stand.

Berlin | 31.07.2013
Bei einem weiteren Besuch von Mitgliedern der FAU Berlin in der Geschäftsstelle des Bezirksverbands Neukölln der Grünen wird über den Konflikt informiert und Gespräche zum aktuellen Stand geführt. Auf einer Kundgebung vor der Bundesgeschäftsstelle der Grünen und dem bundesweiten Wahlkampf-Basislager protestieren etwa 30 Personen gegen die bestehenden prekären Arbeitsbedingungen und gegen den Rauswurf gewerkschaftlich aktiver KollegInnen, die heute ihren letzten Arbeitstag haben.

Hannover | 31.07.2013
Bei einer Reihe von Besuchen in verschiedenen Geschäftsstellen der Grünen und der Böll-Stiftung informieren Mitglieder der FAU Hannover über den laufenden Konflikt und die derzeitige Beschäftigungspolitik der Böll-Stiftung. U. a. statten sie dem Stadtverband der Grünen und dem niedersächsischen Landesverband einen solchen Besuch ab und sprachen auch mit den MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle der niedersächsischen Landesstiftung Stiftung Leben und Umwelt.

Köln | 31.07.2013
Mitglieder der FAU Köln machten mit einer Plakataktion rings um die Kreisgeschäftsstelle der Grünen sowohl Mitglieder der Partei, MitarbeiterInnen, aber auch BesucherInnen der Geschäftsstelle auf den Konflikt aufmerksam.

Berlin | 01.08.2013
Zwei weitere Teams aus Mitgliedern der FAU Berlin besuchen die Geschäftsstellen des Grünen-Bezirksverbandes Tempelhof-Schöneberg und des traditionell eher linken Bezirksverbandes Friedrichshain-Kreuzberg, um auch sie über den laufenden Konflikt zu informieren und das Gespräch zu suchen.

Bonn | 01.08.2013
Mitglieder der FAU Bonn haken nach bei Katja Dörner, MdB der Grünen, wie sie zur derzeitigen Beschäftigungspraxis in der grünen Böll-Stiftung steht.

Dresden | 01.08.2013
Mit zwei Flyer-Aktionen machen Mitglieder der FAU Dresden auf die Missstände in der Böll-Stiftung aufmerksam. Mit Flyern und Transparenten informieren sie vor der sächsischen Landesstiftung der Böll-Stiftung und auch in der Nachbarschaft sowie bei der Geschäftsstelle der Dresdener Grünen über den laufenden Konflikt.

Kiel | 01.08.2013
Auch in Kiel werden Geschäftsstellen der Grünen und der Böll-Stiftung abgedeckt: Sowohl dem Kreisverband der Grünen als auch der Landesgeschäftsstelle der Grünen statten Mitglieder der FAU Kiel einen Besuch ab, um mit einer Flyer-Aktion über den Konflikt zu informieren. Bei ihrem Besuch in der Landesstiftung werden sie sogar zu einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Böll-Stiftung Schleswig-Holstein eingeladen.

Kiel | 02.08.2013
Eine Delegation der FAU Kiel trifft sich mit dem Geschäftsführer der Böll-Stiftung Schleswig-Holstein, um über den aktuellen Fall ins Gespräch zu kommen.

Freiburg | 03.08.2013
Mit einem Infostand auf dem Wiehremer Wochenmarkt informieren Mitglieder der FAU Freiburg BesucherInnen und PassantInnen über den aktuellen Konflikt in der Berliner Heinrich-Böll-Stiftung. Daneben führen sie eine E-Mail-Aktion durch, um Freiburger Grüne auf den Konflikt aufmerksam zu machen.

Halle | 05.08.2013
Mit einer Flyeraktion informieren Mitglieder der FAU Halle beim Besuch einer Veranstaltung der Grünen Jugend über den laufenden Konflikt in der Berliner parteinahen Stiftung.

Frankfurt a.M. | 06.08.2013
Die FAU Frankfurt hat die Anliegen ihrer Berliner GenossInnen bei der Heinrich-Böll-Stiftung heute bei einer Veranstaltung der Grünen vorgetragen. Wir haben eine Veranstaltung zum Thema prekäre Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie im globalen Süden zum Anlass genommen, auf ebensolche Arbeitsbedingungen im Grünen Umfeld selber hinzuweisen.
Dazu hat uns die Moderation Zeit eingeräumt das Thema am Anfang vorzustellen, nachdem wir Flugblätter an die ca. 40 Gäste beim Eintreten verteilt haben.
Die Gäste haben unser Anliegen grundsätzlich unterstützt, Nachfragen gestellt und begrüsst, dass wir sie darüber informiert haben. Die Moderatorin der Grünen hat uns zugesagt, sich selber an die Heinrich-Böll-Stiftung zu wenden und uns Rückmeldung zu geben.

Halle | 07.08.2013
Mitglieder der FAU Halle machten am Rande einer Filmveranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt mit einem Transparent und Flyern auf die prekären Arbeitsbedingungen in der Bundesstiftung aufmerksam.

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