Der schmutzige Menschenhandel Deutschlands und der EU
Seit dem Sommer 2015 ist die Bundesregierung zusammen mit dem Bundesrat und den Vertretungen der Länder stets bemüht das Grundrecht auf Asyl, bzw. was davon noch übrig ist, systematisch abzuschaffen.
Der Hintergrund ist, dass im Jahr 2015 so viele Asylsuchende Europa und Deutschland erreicht haben wie lange nicht mehr. Dass dies einige Probleme mit sich bringt ist nicht zu leugnen. So müssen Obdach und Verpflegung für die Menschen gesichert, medizinische Versorgung gewährleistet und die Möglichkeit zur vollständigen Teilhabe am Leben vorangetrieben werden.
Ein Großteil der Menschen in Deutschland und Europa und allen voran deren Regierungen haben jedoch kein Interesse daran, in Not geratene Menschen zu unterstützen. Dies liegt mitunter auch daran, dass die eigenen Privilegien zumindest teilweise aufgegeben und deren Ursprünge, welche das Leid anderer Menschen zur Folge haben, thematisiert werden.
“Dublin” ist gescheitert, so lautet ein Slogan, der lange Zeit der antirassistischen Bewegung zu entnehmen war. Im Jahr 2015 haben ihn sich die europäischen Politiker*innen und vor allem rechte Bewegungen zu eigen gemacht.
Während Antirassist*innen mit diesem Slogan die europäische Abschottungspolitik kritisierten, nahmen ihn die neuen Anhänger*innen zum Anlass, das Asylrecht quasi abzuschaffen und die Festung Europa mit Grenzzäunen, Militär und Auffanglagern außerhalb Europas auszubauen.
Während Staaten wie u.a. Ungarn und Mazedonien mit Grenzzäunen drastische Symbole setzen, um die Routen Flüchtender nach Europa zu durchkreuzen, setzen andere Staaten auf subtilere Mittel. Allen voran Deutschland.
Lange Zeit wurden die Grenzschließungen beispielsweise in Österreich, aber auch die harte Vorgehensweise mit Zaun und Militär von deutschen Politiker*innen kritisiert. Dabei ging es jedoch nie um die Abschottung an sich. Deutschland hat dank der Dublinverordnungen und ohne EU-Außengrenze doch stets von ihr profitiert und diese mit militärischer Unterstützung und politischer Härte immer weiter voran getrieben.
Die deutsche Politik wusste jedoch sehr gut mit der Situation umzugehen. Die kurzzeitige Grenzöffnung und der Transport einiger hundert Flüchtender aus Ungarn nach Deutschland sorgte doch kurzzeitig für ein positives Bild Deutschlands. So konnte sich Deutschland als Retter in der Not präsentieren.
Was danach kam zeigt, dass dies ebenso nichts anderes als Symbolpolitik war. Mit den Asylrechtsverschärfungen, welche von beschleunigten Verfahren über Abschiebehaft, Forcierung von Abschiebungen, Verstärkung des Frontex-Einsatzes bis zur Ausweitung sogenannter sicherer Drittstaaten und der Einführung von Hotspots außerhalb Europas, zeigen die deutschen Regierungen (Bund und Länder), dass das Recht auf Asyl lediglich einen menschlichen Anschein wahren muss, um sich im internationalen Vergleich besser als andere darstellen zu können. Mit Ausnahme der Linkspartei waren alle Parteien an diesen Entscheidungen beteiligt.
Die Zahl der ankommenden Flüchtenden ist seither nicht nur in Deutschland stark zurückgegangen. Damit präsentieren sich viele Politiker*innen, um darauf aufmerksam zu machen, dass der richtige Umgang mit diesem Thema gefunden wurde.
Unter dem Motto “Fluchtursachen bekämpfen”, ein weiterer Slogan aus antirassistischen Bewegungen, setzten sowohl die Bundesrepublik Deutschland, als auch die Europäische Union auf fragwürdige Mittel und Kooperationspartner.
Die Kooperationen mit autoritären Staatsoberhäuptern und Regimen, allen voran in Afrika, zeigt jedoch lediglich den Irrweg der Flüchtlingspolitik auf. Obwohl die europäische Politik zwar erkannt hat, dass diese diktatorischen Regime Teil des Problems sind, ist sie doch der Meinung, dass diese gerade deshalb einbezogen werden müssen.
Dass es im Endeffekt lediglich um eine weitere Abschottungsmaßnahme handelt, zeigt sich, wenn wir uns die Ideen für die Kooperationen ansehen. So sollen die Regime im “Grenzmanagement” geschult und deren Repressionsapparate in Form von Polizeischulungszentren weiter ausgebaut werden. Die politischen Ursachen, welche Menschen zur Flucht zwingen und die systematischen Menschenrechtsverletzungen spielen in dieser Zusammenarbeit keine Rolle. Wurden doch die Schleuser als größtes Problem ausgemacht.
Wozu diese Politik der Abschottung und Ignoranz führt, können wir momentan live erleben.
Verzweifelte Menschen auf der Flucht werden in Massenlagern eingesperrt. Die Hotspots in Griechenland wurden plötzlich in Abschiebegefängnisse umgewandelt und Abschiebungen nach Afghanistan, wo westliche Armeen noch immer im Kriegseinsatz sowie Terroranschläge der Taliban und anderen fundamentalistischen Gruppierungen an der Tagesordnung sind, scheinen kein Problem zu sein.
Auch die Erklärung von Marokko, Algerien und Tunesien zu sogenannten sicheren Herkunftsländern zeigt, dass es lediglich um die eigene Vormachtstellung und Sicherung von Privilegien geht. Berichte von Menschenrechtsorganisationen über Folter und die Verfolgung von Homosexuellen werden beispielsweise außer Acht gelassen.
Dass die Menschen, welche zur Flucht gezwungen sind trotzdem fliehen, zeigt beispielsweise der sichere Herkunftsstaat Serbien, aus dem trotz des neuen Status genau so viele Menschen flüchten wie zuvor.
Aber auch die Situation an den geschlossenen Grenzen zeigt, dass diese Politik der Abschottung, Abschreckung und Unterdrückung lediglich weitere Probleme schafft. Immer wieder wird in den Medien von Ausbruchsversuchen aus überfüllten Lagern, Versuchen die Grenzen trotz Zäunen und Kontrollen zu überwinden und gnadenlosen Sicherheitskräften, welche den Flüchtenden mit chemischen Waffen, Knüppeln und notfalls scharfen Schusswaffen begegnen, berichtet.
Die eigentlichen Fluchtursachen, welche wir in menschenverachtenden Einstellungen, wirtschaftlicher Ausbeutung und politischer Unterdrückung finden können, spielen für die europäische Flüchtlingspolitik keine Rolle. Mit der Benennung dieser Ursachen müsste doch der eigene Wohlstand und die Verantwortung europäischer Staaten, was den Umgang mit autoritären Regimen und einer fehlgeleiteten, menschenverachtenden, kapitalistischen Wirtschaftspolitik betrifft, in Frage gestellt werden. Dies würde ein Verlust der Privilegien der westlichen Welt zur Folge haben.
Stattdessen wird die Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen und Staaten, vor allem aber nicht nur außerhalb Europas mit einem weitreichenden Abschreckungs- und Abschottungsapparat, welcher den Tod von Menschen in nicht abzusehend großer Zahl nicht nur in Kauf nimmt, sondern gar fördert, weiter voran getrieben.
Die Auswirkungen dieser rigorosen Abschottungspolitik sind auch in Baden-Württemberg und Karlsruhe deutlich sichtbar. Dabei lassen wir die leeren Erstaufnahmeunterkünfte außen vor.
Die Zahl der Abschiebungen aus Baden-Württemberg hat sich durch die weiteren Einschränkungen des Asylrechts im ersten Quartal auf 740 Personen, dabei über 300 im März erhöht. Hinzu kommen weit über 1000 sogenannte freiwillige Ausreisen.
Bei diesem Verfahren wird den Menschen mit Ein- und Ausreiseverboten sowie hohen Geldstrafen gedroht, um der Rückreise Nachdruck zu verleihen. Auch dieses Vorgehen dient lediglich zur Schönung von Statistik und Sprache. Von Freiwilligkeit kann hierbei nicht die Rede sein.
Zusätzlich füttern die Regierungen rechte Bewegungen und Parteien, die sich durch die Grenzschließungen in ihren Forderungen bestätigt fühlen. Diese nutzen die Auseinandersetzungen an den Grenzen, wo sie ihre Sündenböcke in Form von flüchtenden Menschen wiederfinden, um ihre Forderungen nach völkischer und nationalistischer Souveränität weiter Nachdruck zu verleihen.
Uns ist durchaus Bewusst, dass nicht alle Menschen auf einem kleinen Fleck dieser Erde wohnen können. Wir wissen jedoch auch, dass nicht alle Menschen auf einem Fleck leben wollen.
Wer der Flucht von Menschen begegnen möchte, muss ihre Ursachen bekämpfen. Diese sind jedoch nicht in der Schlepperei und dem Menschenhandel auszumachen. Wer nicht fliehen muss, setzt nicht sein Leben und sein Vermögen für eine unsichere Fahrt in heruntergekommenen Fischer- oder Schlauchbooten übers Meer aufs Spiel.
Die Ursachen stehen davor: Autoritäre Regime, Folter, Krieg, Hunger, menschenverachtende Einstellungen und die damit verbundene Unterdrückung und Verfolgung von nicht gewollten Menschen. Hinzu kommt ein auf Ausbeutung und Unterdrückung basierendes kapitalistisches Wirtschaftssystem, von welchem die europäischen Staaten und allen voran die Bundesrepublik Deutschland profitieren. Dieses trägt zur sozialen Spaltung bei.
Eine politische Lösung muss her. Eine Lösung in der alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Lebensweise und Bedürfnissen einen gleichberechtigten Platz haben. Eine Wirtschaftsform, welche sich an den Bedürfnissen aller Menschen orientiert und zur Befriedigung dieser dient und nicht umgekehrt.
Der Weg dorthin ist mit Sicherheit kein leichter und auch kein kurzer. Doch sehen wir jeden Schritt in diese Richtung als kleinen Erfolg.
Die Öffnung der Grenzen innerhalb Europas wurde einst als großer Schritt zur Freiheit gesehen. Die Abschottung und Grenzschließungen zeigen jedoch die Rückwärtsgewandtheit menschenverachtender Ideen von Nationalpolitik, Europäischer Union und Kapitalismus.