Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – Nicht eine Mehr!

Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Während Gewalt gegen Frauen und Femizide(1) in vielen Ländern, z.B. Argentinien, Mexico oder Italien ein Thema ist, dass seit Jahren durch Großdemonstrationen und Frauen- und Menschenrechtsaktivist*innen den öffentlichen Diskurs bestimmt, ist das Thema in der deutschen Öffentlichkeit kaum präsent.

Dabei kam eine Studie vom BKA(2) über partnerschaftliche Gewalt zu erschreckenden Ergebnissen. Bei partnerschaftlicher Gewalt sind die Betroffenen zu 82% Frauen, fast die Hälfte von ihnen (49%) lebte zum Tatzeitpunkt mit dem Täter zusammen. Die Gewalt findet oft in den eigenen vier Wänden statt, also dort, wo man sich besonders sicher und geschützt fühlen sollte.

Im Jahr 2015 wurden 311 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern versucht oder tatsächlich umgebracht. Doch schon diese erschreckende Zahl bildet bei weitem nicht die tatsächliche Sachlage ab. Die Erhebung berichtet nur von partnerschaftlicher Gewalt. Aber weshalb starben die Frauen, die nicht in der Statistik auftauchen, weil der Mörder nicht der (Ex-)Partner war? Und wie viele Frauen entkamen aus eigener Kraft oder aus Glück dem gewaltsamem Tod durch einen Mann? Und wie verliefen die Gerichtsprozesse?

Was fehlt ist eine umfassende Erhebung über Femizide, also über Morde, die an Frauen geschehen, weil sie Frauen sind.

Das Konzept der Femizide wurde zuerst von der mexikanischen Frauenbewegung aufgegriffen. Die Frauen wollten deutlich machen, wie erschütternd groß der Anteil ermordeter Frauen in den scheinbar geschlechtsneutralen Hominiziden (Ermordungen von Menschen) tatsächlich war. Dies kam aus der Erfahrung, dass fast jede dieser Frauen eine Freundin, Mutter, Tochter oder Bekannte durch Femizid verloren hatten. Auch wollten sie die systematische Gewalt gegen Frauen und die weitestgehende Straffreiheit der Täter deutlich machen. Das Konzept und der Kampf gegen Femizide hat sich in Lateinamerika verbreitet und kommt langsam auch in Europa an. In einigen Ländern ist Femizid mittlerweile ein eigener Straftatbestand und wird in Kriminalstatistiken gesondert erfasst.

Doch Gesetze allein schützen niemanden. Es braucht ein breites Bewusstsein in der Gesellschaft und den Medien. Denn nach wie vor schreibt die Presse von „Eifersuchtsdramen“, „Familientragödien“ oder „Ehrenmorden“ und verschleiert damit die bittere Realität. Denn die Frauen sterben nicht, weil sie sich falsch verhalten hätten. Sie sterben aufgrund ihrer Stellung als Frauen in dieser Gesellschaft. Die alltägliche Gewalt gegen Frauen bildet die Grundlage für diese Morde. Es sind Morde an Frauen. Frauenmorde.

Und jede ermordete Frau ist ein Angriff auf uns! Auf die Teilhabe an Frauen an dieser Gesellschaft, auf Gleichberechtigung und auf Glück.

Wir werden nicht eine weitere ermordete Frau akzeptieren! Nicht eine mehr! Ni una menos!

(1) Femizid bezeichnet die Ermordung von Frauen, weil sie Frauen sind.

(2) https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2016/ Presse2016/161122_Partnerschaftsgewalt.html (zuletzt geprüft am 22.11.17)

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