Zeit für feministische Utopien – Völlig fertig mit dem Patriarchat

8M 22: Einladung und Aufruf der AG Feministische Kämpfe

Auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen: Das Patriarchat ist die Krise. Nicht Corona. Die Pandemie ist nur ein Ausdruck dessen und verschlimmert die Krise, die es vorher schon gab. Und diese Krise wird schon immer auf unseren Rücken abgeladen – auf den Rücken von Frauen, Lesben, inter, trans, nichtbinären und agender Personen. Unsere Arbeit wird nicht wertgeschätzt, nicht gesehen, sie ist schlecht bezahlt und oft genug auch gar nicht bezahlt. Am beschissensten trifft es uns, wenn wir arm sind, wenn wir in prekären Jobs arbeiten, die unsere Körper und Psychen zerstören, wenn wir rassistisch diskriminiert werden, (allein) für Kinder verantwortlich sind, wir Angehörige und Freund*innen pflegen, in gewalttätigen Beziehungen leben müssen.

Wir sind dem aber auch nicht einfach passiv ausgeliefert, sondern wir kämpfen dagegen an, wehren und behaupten uns, stärken uns gegenseitig, passen auf uns auf. Unsere Kämpfe sind nicht nur dann politisch, wenn sie als Demo durch die Straßen laufen, sondern auch dann, wenn wir in unserem Alltag einfach krankmachen, obwohl wir “nur” gestresst sind, dem Chef den Sekt vom Schreibtisch klauen, uns mit den Kindern abwechseln, der Freund*in den Rücken stärken, über den Abwasch streiten, nein sagen lernen, um Hilfe bitten und anfangen, Kampfsport zu üben.

Wir sind stärker, wenn wir diese Dinge zusammen tun und uns darüber austauschen. Wir wollen diesen Tag dafür nutzen und uns Zeit und Raum schaffen, um ins Gespräch zu kommen: Wie hast du dem Patriarchat schon mal eins ausgewischt? In welchen Momenten fühlst du deine Stärke? Wie habt ihr gemeinsam kapitalistische und patriarchale Zumutungen überwunden? Wir alle haben Geschichten, wie wir der täglichen Gesamtscheiße begegnen, individuell oder kollektiv. Bringt eure Geschichten mit und hört Geschichten an.

Wir treffen uns am 8. März 2022 um 14:00 Uhr am König*innenufer (Filmnächtegelände an der Elbe). Für Kinderbetreuung wird gesorgt. Bringt gerne Decken und Kissen und gemütliche Dinge mit.

Ab 16:00 Uhr startet von dort aus eine Demonstration unter dem Motto “8. März – Kämpferisch! Solidarisch! Vereint im Kampf um Befreiung!”

Lasst uns unsere Momente des alltäglichen Widerstands als Teile von etwas Größerem sehen!

Wir wollen dem kapitalistischen Patriarchat nicht nur ans Bein pinkeln. Wir wollen auch nicht zurück zum Normalzustand. Wir wollen alles ganz anders: ganz andere Beziehungen und ein ganz anderes Zusammenleben ohne Ausbeutung und Herrschaft. Geschenkt kriegen wir das nicht, wir müssen und werden es uns nehmen. Wir fangen damit an.

Was wir zuerst wollen: Weniger Lohnarbeit für alle, um Sorgearbeit gerecht verteilen zu können. Eine Arbeitszeitverkürzung auf max. 20 Stunden pro Woche ist dabei das Mindeste. Wir wollen immer und überall über uns und unsere Körper selbst bestimmen. Das heißt auch, Regierungen daran zu hindern, über uns zu entscheiden. Wir werden unsere Leben nicht patriarchalen, imperialistischen Kriegsphantasien ausliefern. Stattdessen wollen und müssen wir unser Zusammenleben selbst in unsere Hände nehmen.

Wir selbst als Teil der globalen feministischen Streikbewegung sind der Druck, den wir dafür brauchen. Wenn wir unsere Arbeit verweigern, steht die Welt still – lasst uns das üben. Indem wir uns organisieren, bereiten wir uns langfristig und gemeinsam darauf vor, massenhaft streikfähig zu werden. Wenn wir unsere Widerstandsmomente bündeln, können wir unsere Ängste überwinden und Dinge verwirklichen, die uns heute unmöglich erscheinen. Woanders passiert das schon. Und auch wir leben Momente unserer Utopie bereits jetzt.

Also nochmal: Wir sind völlig fertig mit dem Patriarchat, jetzt ist Zeit für feministische Utopien. Lasst uns unser Leben wieder holen, statt uns weiter zu wiederholen.

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