Aufruf
Solidarität mit den Sozialen Bewegungen in Brasilien
In Brasilien wurde am 28.10. ein bekennender Neofaschist zum Präsidenten gewählt. Jair Bolsonaro hat durch eine Kampagne gewonnen, auf die ein Trump neidisch sein könnte: Massenweise Lügen, Herabwürdigungen, Drohungen und Hetze gegen alle sowieso schon benachteiligten Randgruppen und Andersdenkende: Frauen, Schwarze, Indigene und LGBTIs; Soziale Bewegungen sind für ihn nur “verabscheuungswürdige Kommunisten”.
Wohin das führen kann wird bereits bei vergangenen Äußerungen Bolsonaros sichtbar, in denen er die brasilianische Militärdiktatur von 1964 bis 1985 verteidigt, während der er selbst auf Seiten des Militärs aktiv war. So meint Bolsonaro, dass es der einzige Fehler der brasilianischen Militärdiktatur war, nicht genug Oppositionelle umgebracht, sondern nur gefoltert zu haben.(1) Diesen Standpunkt vertritt Bolosonaro nach wie vor offensiv.
Lynchmorde durch neurechte Bürgerwehren und unrechtmäßige Tötungen durch Polizist*innen haben jetzt schon zugenommen, da Bolsonaro für diese Taten Straffreiheit versprochen hat. Es wird sich zeigen, ob er seine Wahlversprechen – oder besser Wahldrohungen – umsetzt und inwieweit ihn sogenannte demokratische Institutionen davon abhalten können und werden, staatlich gesteuerte Blutbäder anzurichten. Die brasilianischen Institutionen werden ihm höchstwahrscheinlich nicht viele Steine in den Weg legen, wie es in den USA mitunter geschieht. Sein Verständnis von Demokratie hat er spätestens in den ersten Wochen nach seiner Wahl bewiesen, indem er als eine seiner ersten Amtshandlung ein Gesetz auf den Weg bringt, das soziale Proteste mit Terrorismus gleichsetzt und mit 30 Jahren Gefängnis bestraft.
Jair Bolsonaro hat durch das Versprechen einer extrem antisozialen und neoliberalen Wirtschaftspolitik die Gunst der Märkte erworben: Nicht zuletzt die Deutsche Bank hat ihn unterstützt – was angesichts ihrer historischen Verbundenheit mit vielen Regimen und Diktaturen wenig überraschend ist. Ihr Chef-Anlagestratege bezeichnete Bolsonaro auf Twitter als “Wunschkandidat der Märkte” (2). Die Deutsche Bank versuchte zwar mit halbherzigen Aussagen den Aufschrei über die öffentliche Unterstützung Bolsonaros zu entschärfen, aber das Unvermögen der Märkte, Menschenrechte in die Einschätzung von Wohlstands- und Wirtschaftsentwicklungen einzubeziehen, wurde spätestens wieder bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses klar: Die Börsenkurse gingen steil nach oben, insbesondere die der Holz-, Soja- und Bergbauindustrie – also derjenigen, die am tiefsten in die Tötung von Indigenen und Umwelt-Aktivist*innen verwickelt sind (3).
Bolsonaro ist nicht alleine: Rechte und rechtsradikale Präsidenten der Welt (USA, Chile, Ungarn, Israel, …) haben ihm sofort gratuliert. Auch müssen wir uns überlegen, wie es dazu kommen konnte, dass 55 % der brasilianischen Bevölkerung ihn gewählt haben (4). Seine sehr starke Unterstützung durch die evangelikalen Kirchen, seine vorgespielte Anti-Politik in Form eines knallharten Populismus und der massiven Verwendung von Sozialen Medien haben zu seinem Erfolg beigetragen. Die Korruptionsskandale der Lula-Linken, die es während all der Jahre an der Macht nicht geschafft hat, Grundsätzliches zu verändern und soziale Bewegungen sogar massiv kriminalisiert hat, sowie die Einmischung durch Regierungen und Firmen, die hoffen, dadurch an die Ressourcen Brasiliens zu kommen, haben ihr übriges getan.
Im Rahmen eines Aktionstags am 07.12.2018 rufen wir dazu auf Kundgebungen vor brasilianischen Konsulaten und Botschaften, sowie Filialen der Deutschen Bank und anderen in diese faschistische Agenda verwickelten Kompliz*innen abzuhalten und aktiv zu werden. Wir wollen damit ein Zeichen gegen Neofaschismus setzen. Unsere Solidarität gilt der brasilianischen Zivilgesellschaft, der jetzt noch schwerere Jahre bevorstehen! Wer durch diese Umstände bald aus Brasilien fliehen muss, soll sich nach eigenem Wunsch überall hinbegeben können, ohne durch irgendwelche imaginierten nationalen Grenzen, Gesetze oder nicht anerkannten Status davon abgehalten oder diskriminiert zu werden.
Wichtig für uns als Anarchist*innen ist im besonderen auch, dass unsere eigenen Gefährt*innen ebenso in konkreter Lebensgefahr schweben, sollte die Diktatur nicht abgewendet werden können. In Brasilien gibt es eine umtriebige stark ausdifferenzierte anarchistische Bewegung, welche sich nun in vorderster Front im Kampf gegen die aufkommende faschistische Diktatur befindet. Lasst uns unsere Gefährt*innen nicht vergessen, üben wir grenzenlose Solidarität, zeigen wir ihnen, dass sie nicht alleine sind!
Ele não!*
Alle zusammen gegen den Faschismus! Nieder mit der aufkommenden faschistischen Diktatur in Brasilien!
(1) jovempanfm.uol.com.br/panico/defensor-d…
(2) twitter.com/DeutscheBankAG/status/10481…
(3) https://latina-press.com/news/255894-die-maerkte-feiern-den-sieg-von-jair-bolsonaro/
(4) https://latina-press.com/news/255416-jair-bolsonaro-gewinnt-praesidentschaftswahlen-in-brasilien-mit-grossem-vorsprung/
*brasilianisch/portugisisch für “Er nicht!”, Parole gegen Bolsonaro.