Make Amazon Pay Kampagne in Dortmund Part 2

Am 17.12. fand ein “Kennenlern-Café” für alle Amazonarbeiter*Innen aus Dortmund im Black Pigeon statt. Ziel war es, Kontakte zu knüpfen und die Zustände am Standort Dortmund kennenzulernen. Zwei Tage vorher, am 15. Dezember, wurde dazu direkt vor dem Amazon-Lager eingeladen. Hierfür wurden über 1.000 Flyer verteilt.

Einladungs-Aktion

Pünktlich zum Schichtwechsel, zwischen Früh- und Spätschicht, waren wir mit einem Infotisch vor dem Dortmunder Amazon-Lager vor Ort. Allen interessierten Arbeiter*Innen wurde eine Einladung zum Kennenlern-Café, inkl. des offenen Briefes von Amazon Arbeiter*Innen für Amazon Arbeiter*Innen überreicht. Kurz vor dem Eingang, befand sich zu dem unser Infotisch mit Informationen zum Aktionsbündnis “Make Amazon Pay”, sowie weiteren allgemeinen Informationen zur unabhängigen Sozialberatung, zur Freien Arbeiter*Innen Union und den beteiligten Menschen des Bündnisses (u.a.).

Dort kamen all jene Menschen vorbei, welche mit dem Bus fuhren. Viele blieben nach kurzem Überlegen stehen und fragten, worum es eigentlich gehe. Diesen konnte direkt vor Ort eine kurze Erklärung dessen gegeben werden, was die Ziele des Bündnisses sind und warum wir bereits zum Start des Dortmunder Lagers präsent sind / sein wollen.

Die Aktion stieß dabei auf großes Interesse und wir bekamen sehr viel positives Feedback. Auch sagte man uns, dass es so langsam der richtige Zeitpunkt sei, Unterstützung anzubieten, da sich die Arbeitsbedingungen immer mehr verschlechterten und sich Mensch kaum trauen können, etwas dagegen zu sagen. Der Grund dafür seie, dass alle Verträge bis Jahresende befristet sind und die Verlängerung wohl erst kurz vor Weihnachten rausgehen sollen.

Auch auf dem direkt vor dem Eingang des Lagers gelegenen Parkplatz wurde an jedem Auto eine Einladung angebracht. Sowohl an Autos der Früh-, als auch an Autos der Spätspicht. Menschen, welche während dessen zu ihrem Auto gingen, zeigten ebenfalls großes Interesse und suggerierten die Absicht, zum Kennlern-Café zu kommen.

Auch hier kamen einige Menschen auf uns zu und erzählten von den sich verschlechternden Bedingungen auf der Arbeit. Eine Person erzählte sogar, dass sie bereits ihren zweiten emotionalen Zusammenbruch hatte, sodass sie kurzzeitig aussetzen musste.
Jedoch waren auch viele Menschen sehr skeptisch, dass wir nicht von Amazon beauftragt wurden, um Arbeiter*Innen heraus zu finden, welche dem Unternehmen nicht blind folgen. Diesen konnte jedoch in Ruhe die Arbeit des Bündnisses, sowie die Absichten erläutert werden, wodurch für den Moment Vertrauen aufgebaut wurde.

Alles in allem konnten so über 1.000 Einladungen verteilt und zahlreiche Arbeiter*Innen in einem persönlichen Gespräch informiert werden.
Direkt am Ende der Aktion, als der Infotisch bereits abgebaut und bis auf drei Autos alle mit Einladungen versehen wurden, bekamen wir Besuch von zwei Security Menschen des von Amazon beauftragten Sicherheitsunternehmens. Uns wurde erklärt, dass diese nichts gegen unsere Aktion haben. Jedoch hatten sie den Auftrag bekommen, uns davon abzuhalten weiter zu machen. Auch bekamen die an diesem Tag anwesenden Aktivist*innen unbefristetes Hausverbot für das Dortmunder Amazongelände (sowohl das des Lagers, als auch das des Parkplatzes). Zu unserer Freude kam dies erst genau zum Ende unserer Aktion. Nachdem ein Flyer von ihnen mitgenommen wurde und weitere Personen über Funk angefordert wurden, sollten wir die Flyer an den Autos wieder entfernen. Dem konnte wir aufgrund des Hausverbotes leider nicht mehr folgeleisten und verschwanden sehr zufrieden über die erfolgreiche Einladungsaktion.

Kennenlern-Cafe

Zwei Tage später, am Sonntag den 17.12. fand das Kennenlern-Cafe ab 14 Uhr im Black Pigeon statt. Bei Cafe, Lebkuchen und Spekulatius wollten wir alle interessierten Arbeiter*Innen kennenlernen und über die Arbeitsbedingungen sprechen, sowie generell mit den in Dortmund beschäftigten Menschen in Kontakt kommen.

Mit den gekommenen Menschen enstand dann ein intensives Gespräch, welches auch einiger unserer Fragen beantworten konnte. Ein Mensch erzählte, dass der größte Punkt seiner Unzufriedenheit seit kurzem überwunden sei, da sein Vorgesetzter gewechselt habe. Die “alten” Probleme waren so für diesen Menschen gelöst. Jedoch wird diese Person seinen Vertrag wohl nicht verlängern wollen, da sich die unbedingte Zufriedenheit mit der Arbeit bei Amazon nicht einstellt. Die Arbeit selbst sei schon nicht angenehm, von anderen Problemen einmal abgesehen.
Auch eine zweite Person berichtete eher positiv über die Arbeit bei Amazon. Es sei halt Arbeit, monoton und sehr “stumpf”, jedoch besser als mit mehreren Jobs versuchen zu müssen, als Alleinerziehende*r genug Geld zusammen zu bekommen, so das Feedback. Immer wieder gab es auch einen Austausch der Arbeiter*innen unter sich, so bekamen wir mit, dass es bereits seit dem kurzen Bestehen des Dortmunder Lagers zu zerstörten Toiletten, Sex auf dem Klo unter Arbeiter*Innen, klauen und “Bummeln” während der Arbeit kam.

Weiterhin bekamen wir auf diese Weise mit, dass wohl extrem viele Kameras jede*n Arbeiter*In beobachten und man sich niemals unbeobachtet fühlen kann. Angenehmes Arbeiten kann so nicht entstehen. Auch betritt augenscheinlich “cis-männliches” Sicherheitspersonal ungefragt die Damentoilette um dort “nach dem rechten zusehen”. Weiterhin soll es während der Arbeitszeit immer wieder zu heftigen Staubschwaden kommen, welche sich in der Luft verteilen und das Atmen wesentlich erschweren. Dies soll, so ein*e Arbeiter*In, auch dadurch kommen, dass nur gefegt wird, was erst recht das Atmen unerträglich macht.

Leider kamen trotz der positiven Resonanz während der Einladungsaktion nur wenige Arbeiter*innen vorbei. Neben der Angst vor Konsequenzen von Amazon zu einem solchen Treffen zu kommen, kommt sicherlich die relative Zufriedenheit der Arbeiter*innen, die auch die Anwesenden betonten, hinzu. Klar sind die Zustände beschissen, klar sind die Arbeiter*innen bei Amazon nichts weiter als der verlängerte Arm einer Maschine. Aber Amazon nimmt eben im Weihnachtsgeschäft jede*n, auch ohne Ausbildung oder mit mangelnden Deutschkenntnissen, darüberhinaus bezahlt Amazon verhältnissmäßig gut. Wenn du alleinerziehend bist und vorher mehrere Jobs gleichzeitig gemacht hast um über die Runden zu kommen und dir nun einer zum überleben reicht, dann ist das natürlich eine Steigerung deiner Lebensqualität, unabhängig erstmal davon wie scheiße die Arbeit, die du machst ist. Es mangelte bei den Arbeiter*innen auch nicht an Bewusstsein darüber was Amazon für unsere Gesellschaft bedeutet. Das zeigte auch in Teilen die am Ende stattfindende grundsätzliche Diskussion über den Kapitalismus und Lohnarbeit. Wie Amazon z.B. nicht unerheblichen Anteil daran hat, dass der kleine Buchhandel nach und nach zerstört wird. Aber letztendlich müssen wir alle Geld nach Hause tragen um uns über Wasser zu halten.

Für uns stellt sich allerdings die Frage, ob wir ohne einen konkreten Arbeitskampf im Betrieb oder/und Selbstorganisierung der Arbeiter*innen einen guten Ansatzpunkt haben um die Leute im Dortmunder Werk in einem kämpferischen Sinne zu erreichen und zu unterstützen. So oder so haben uns die bisher gelaufenen Aktionen rund um Amazon um einige Erfahrungen reicher gemacht und die Dankbarkeit der vielen Arbeiter*innen vor Ort haben unseren Weg bekräftigt.

Allen Lohnabhängigen aus Dortmund und Umgebung sei an dieser Stelle nochmal die Sozialberatung/Gewerkschaftliche Erstberatung unserer Genoss*innen der Freien Arbeiter*innen Union östliches Ruhrgebiet ans Herz gelegt.

Kommt rum: Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat von 18:30 – 19:30 Uhr im Black Pigeon, Scharnhorststraße 50, 44147 Dortmund.

Anarchistische Gruppe Dortmund

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